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FILMARCHIV

Zeitraum: 2011 - 2020

Drei Beiträge von Florian Schneider für Quarks & Co. / WDR-Fernsehen
Redaktion WDR Claudia Heiss

Erstausstrahlung 22.10.2019, WDR
Wiederholung am 13. August 2020, WDR
In der Mediathek verfügbar bis 22.10.2024

Niemand wirft gerne Essen weg, und doch passiert es: Zuhause, im Supermarkt und bei den Herstellern. 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland in der Tonne. Quarks begibt sich auf die Suche und fragt, warum so viele gute Lebensmittel in den Containern der Supermärkte enden.

Ein Film von Lin Sternal
Im Auftrag von 3Sat, „Ab 18!“
Erstausstrahlung: 06.11.2017, 23:40 Uhr

Eine junge Frau verlässt ihre Heimatstadt in Ostpolen und zieht nach Deutschland.
Nun wendet sie sich mit einem Brief an eine alte Freundin in der Heimat um ihr zu erklären, was der tatsächliche Grund ihres Umzuges war…
Der Film erzählt die persönliche Geschichte von Ewa (25), einer polnischen Frau, die vor 6 Jahren ihr Kind abgetrieben hat und bis heute unter dieser schmerzhaften Erfahrung leidet. Schlimmer noch, als die traumatische Erfahrung selbst, ist für sie der gesellschaftliche Umgang mit diesem Thema. Ihre Kindheit und Jugend wurde von einem katholisch konservativen Umfeld geprägt, von dem sie trotz des Versuchs einer Emanzipation immer noch beeinflusst wird. Bis heute hat sie kaum einer Person von ihrer damaligen Entscheidung erzählt. Stattdessen hat sie ihrer Heimat den Rücken gekehrt und versucht das Erlebte zu verdrängen.

Redaktion: Nicole Baum, Udo Bremer (3Sat)

Ein Film von Karin de Miguel-Wessendorf
Im Auftrag des WDR
Erstausstrahlung: 10. November 2016 um 22:40 Uhr im WDR-Fernsehen

Das rheinische Braunkohlerevier ist die größte CO²-Quelle Europas. Der Tagebau verschlingt ganze Dörfer, und auch den Hambacher Forst. Dagegen regt sich Widerstand. Im Wald entstehen Baumhäuser, rund 30 Baumbesetzer versuchen eine Rodung des wertvollen Biotopes zu verhindern. Und die Bewohner der betroffenen Dörfer verlassen keineswegs alle kampflos ihre Heimat – einige bleiben, so lange sie können. Unterstützt werden sie von einer Bürgerinitiative im benachbarten Buir, und von 1000 Klimaaktivisten aus ganz Europa, die den Tagebau Garzweiler für einen Tag besetzen und den Braunkohleabbau symbolisch stoppen. Sie wollen ein Signal an die internationalen Klimagipfel senden: Beendet die klimaschädlichste Art der Energiegewinnung.
Der Energiekonzern RWE will bis ins Jahr 2045 Braunkohle abbauen, steht aber unter immer größerem Druck, seit auch kirchliche Gruppen und Lokalpolitiker sich dem Widerstand angeschlossen haben. Tag 7 hat die Klimakämpfer ein Jahr lang begleitet. Zum Beispiel Clumsy, der sich ein Baumhaus in 18 Metern Höhe gebaut hat. Seit vier Jahren lebt er in 18 Metern Höhe, um zu verhindern, dass die Bagger vorrücken: „Allein dadurch, dass ich auf dem Baumhaus lebe, bin ich schon im Weg“. Oder Lars Zimmer, einer der letzten Bewohner von Immerath. Die meisten Bewohner sind bereits umgesiedelt, doch er will seine Heimat nicht verlassen: „Wenn es mehr Widerstand gäbe, dann würde es RWE nicht ganz so leicht fallen, diese Dörfer hier dem Erdboden gleich zu machen.“ Und Antje Grothus aus Buir, wenige Kilometer vom Tagebau Hambach entfernt: „Wenn wir es nicht aufhalten können, werden die Bagger hier vor der Haustür stehen.“

Redaktion: Andrea Ernst (WDR)

Erstausstrahlung: Jeweils Donnerstag, 17. + 24.11.16 um 23:25 Uhr, WDR
Wiederholung am 30.07.17, 02:47, WDR

Erster Teil in der Kurzversion
„Ich werde jetzt Bäuerin! – Großer Traum, harter Alltag“,
30 Minuten: 10.08.17, 22:10 Uhr, Tag7, WDR

Zweiter Teil in der Kurzversion
„Ackern für den Lebenstraum – Die neue Lust auf Landwirtschaft“,
30 Minuten: 17.08.17, 22:10 Uhr, Tag7, WDR
Kurzversion „Geliebter Mist – Ackern für den Lebenstraum“,
30 Minuten: 13.08.17, 17:30, Gott und die Welt, ARD

Zwei Filme von Jessica Krauss & Insa Onken
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Unsere Serie erzählt von Menschen, die raus wollen aus ihrer virtuellen Arbeitswelt und zurück in ein Leben, das nicht aus dem Zusammenhang gerissen erscheint.
In dem man zu Ende bringt, was man selbst begonnen hat, in dem man Verantwortung trägt und der Erfolg im wahrsten Sinne des Wortes greifbar ist. Kurz: Sie wollen Bauer werden.
Wir erzählen von Städtern, die den romantischen Traum vom Landleben umsetzen.
Von Quereinsteigern, die der erlernte Beruf nicht befriedigt und die als Landwirt komplett neu beginnen wollen. Und schließlich von denjenigen, die zwar mit Schaf und Schwein aufgewachsen sind, nun aber zum ersten Mal für ihren eigenen Hof verantwortlich sind. Von Menschen also, die aufbrechen, um das ganz große Abenteuer zu wagen: Ein neues Leben.
So unterschiedlich die Biografien der Neubeginnenden auch sind, so eint sie doch ihre Haltung zum Leben. Bewusst wollen sie es begehen, achtsam sein und nachhaltig wirtschaften.
Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wer heute Bauer wird, braucht ein dickes Fell und gute Nerven. Viel Arbeit, wenig Freizeit, geringer gesellschaftlicher
Status, hohes finanzielles Risiko und die Abhängigkeit von Faktoren, die nicht zu kontrollieren sind: Wetter, Natur, Tiere – und nicht zu vergessen die europäische Bürokratie und König Kunde, der zwar immer anspruchsvoller aber gleichzeitig nicht freigiebiger wird.
Und so stehen die Neu-Landwirte alle vor der ethischen Herausforderung, einerseits rücksichtsvoll zu Mensch und Natur produzieren zu wollen, andererseits aber unter dem Preisdruck des Marktes oft zu Dingen gezwungen zu sein, die dieser Maxime entgegenlaufen.
Ein Traumberuf sieht anders aus, oder?

Redaktion: Angelika Wagner (WDR)

Ein Film von Karin de Miguel-Wessendorf und Valentin Thurn

Erstausstrahlung: 03.11. 2014, 20:15 Uhr, WDR
Wiederholung: 16.05.2015, RBB; 21.07.2015,
Phönix; 06.06.2015,17:00 Uhr; 07.06.2015,
10:15 Uhr und 08.06.2015 um 5:00 Uhr, HR

Die Milch im Supermarkt wird immer billiger. Für die Milchbauern heißt das: wachse oder weiche! Im letzten Jahrzehnt hat ein Drittel der deutschen Milchbauern aufgeben müssen – gleichzeitig hat die Zahl der Megabetriebe zugenommen. In XXL-Ställen stehen Hunderte von Kühen dicht nebeneinander. Damit sie Höchstleistungen erbringen, kommen die Tiere auch im Sommer nicht mehr auf die Weide.
Auch die Molkereien werden immer größer: Multinationale Konzerne wie Arla oder Friesland-Campina haben die kleinen regionalen Molkereien übernommen und exportieren Milch bis nach China. Doch auch sie sind abhängig vom Preisdiktat der Supermärkte, in erster Linie von Aldi oder Lidl. „Die Verbraucher sind nicht ehrlich zu sich“, kritisiert ein Landwirt aus Kleve am Niederrhein. „Sie sagen uns, sie seien bereit mehr für Bio- und regionale Lebensmittel auszugeben, doch dann treffen wir sie alle bei ALDI an der Kasse.“ Er hält das Bauernsterben für unabwendbar, nur große Betriebe seien wettbewerbsfähig: „Mit der romantischen Landwirtschaft, wie wir sie vor 20, 30 Jahren hatten, kommen wir nicht weiter. Die harte Wirklichkeit ist, es wird nur derjenige überleben, der die Kosten im Griff hat.“
Doch einige kleine Milchbauern wagen es, sich gegen die Konzentrationswelle auf dem Milchmarkt aufzulehnen: Sie setzen auf direkte Vermarktung zu besseren Preisen. Zum Beispiel ein Bauer aus dem Kreis Soest, der mit anderen eine Bauernmolkerei gegründet hat, um sich vom Preisdiktat der Giganten zu lösen.
Oder eine junge Bäuerin aus dem Siegerland: „Schon in der Ausbildung wird uns nahegelegt, dass wir in größere Ställe investieren sollen. Aber ich wünsche mir eine Landwirtschaft in Familienhand, in der jedes Tier nicht nur eine Nummer ist.“ Im März 2015 wird der letzte Schutz für die Kleinbauern fallen: mit dem EU-weiten Ende der Milchquote. Wenn der Milchmarkt liberalisiert wird, fürchten viele einen neuen Preisverfall. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, denn auf die Unterstützung von Bauernverband und Bundesregierung brauchen sie nicht zu hoffen. Die haben sich längst entschieden, dass eine moderne Landwirtschaft nur in Großstrukturen funktionieren kann.

​Redaktion: Angelika Wagner, Andrea Ernst (WDR)

Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Erstausstrahlung: 13.05.2013, 22:45 Uhr, ARD
Wiederholung: 14.06.2015, 16:15 Uhr, WDR und 20.06.2015, 09:30 Uhr, WDR

Mehr als die Hälfte aller Lebensmittel landet im Müll! Mit diesem Ergebnis schockierte die Dokumentation „Taste the Waste“ (2011) und löste eine heftige, öffentliche Debatte aus. Große Pläne werden seither geschmiedet. Bis 2020 will Bundesernährungsministerin Ilse Aigner erreichen, dass in Deutschland nur noch halb so viele Lebensmittel weggeworfen werden wie heute. Konkrete politische Schritte gibt es aber bisher nur wenige. Warum tritt der Gesetzgeber in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Regierungen nur mit eher unverbindlichen Appellen an die Öffentlichkeit?
„Das Wegwerfen lohnt sich für die Unternehmen leider allzu oft, weil die Nahrungsmittel so billig sind und die Arbeitskraft so teuer“, sagt Ernährungsexperte Prof. Guido Ritter von der Fachhochschule Münster.
Warum ist das so? Valentin Thurn hakt nach und sucht in ganz Europa nach Lösungen. Dabei trifft er auf viele Menschen, die bei dieser wichtigen Zukunftsfrage nicht mehr auf die Politik warten wollen. Zum Beispiel Familie Kotzur aus Ludwigsburg, die mit einem Abfalltagbuch herausfinden will, wie weit sie ihren Essensmüll verringern kann. „Das hat uns erst so richtig bewusst gemacht, was wir täglich in den Mülleimer schmeißen!“
Auch Unternehmen in Holland, England, Dänemark, Deutschland und in der Ukraine suchen Lösungen: Eine Karottensaft-Fabrik nutzt auch die kleinen Karotten, die bislang aussortiert wurden, pfiffige Designerinnen verwerten unter dem Label „Culinary Misfits“ originell gewachsenes Gemüse, das der Handel so nicht akzeptiert, einzelne Supermärkte machen keine Ramsch-Angebote mehr, die die Kunden dazu verführen, mehr zu kaufen, als sie brauchen. Landwirte und Köche produzieren und fertigen nach der Maxime: „Feed the clients, not the bins!“ – „Füttert die Kunden, nicht die Mülltonnen!“. Aber reicht der gute Wille Einzelner?

 

Ein Film von Frank Bowinkelmann und Valentin Thurn
Produziert für ARTE und NDR

Erstausstrahlung: 09.01.2014, 21:45 Uhr, ARTE
Wiederholung:
20.02.2015, 21.45 Uhr, ARTE
02.11.2019, 22.40 Uhr, ARTE

Eine Kurzfassung des Themas, „Antibiotika in der Tierhaltung“, Magazinbeitrag für „W wie Wissen“, wurde am 12.05.2013 ausgestrahlt

„Wir müssen die Möglichkeit haben, auf Antibiotika zurückzugreifen, wenn Tiere tatsächlich krank werden oder eine Grippe in die Gruppe rein kommt.“ Dieses Argument hört man immer wieder von Landwirten, wenn man sie fragt, warum in der Tiermast so viele Antibiotika eingesetzt werden. Über 1700 Tonnen pro Jahr sind es allein in Deutschland – fast siebenmal so viel wie in den Krankenhäusern. In Frankreich ist der Einsatz von Antibiotika sogar doppelt so hoch, pro Kilo erzeugtem Fleisch. Die Folge: In den Tierställen bilden sich gefährliche resistente Keime. Vor allem zwei Erreger finden sich immer häufiger auf unseren Lebensmitteln: so genannte MRSA und ESBL-bildende Keime. Beide Erreger sind multiresistent, das heißt viele Antibiotika sind gegen sie wirkungslos. Nicht nur für Landwirte, die im Stall direkten Kontakt mit den Keimen haben, stellen sie eine Gefahr dar. Wissenschaftler fanden die Bakterien auf Fleisch – und sogar auf Gemüse. Wie kommen die Keime dorthin? Was passiert wenn wir sie mit der Nahrung aufnehmen? Frank Bowinkelmann und Valentin Thurn wollen diese Fragen beantworten. Zu Wort kommen Wissenschaftler, Bauern, Tier- und Humanmediziner in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden.

 

Ein Fim von Karin de Miguel Wessendorf
Im Auftrag von ZDF und ARTE

Erstausstrahlung: 01.10.2013 um 20.15 Uhr, ARTE

Kein Wohlstand ohne Wachstum. So lautet bisher das Credo von Wirtschaft und Politik. Ein stetiges Wirtschaftswachstum gilt als Garantie für Arbeitsplätze und für die Lebensqualität der Bevölkerung. Wer an dem Wachstumsdogma zweifelt, wird als realitätsfremd belächelt.
Doch Wirtschaftskrise und Klimawandel haben diesen Glauben erschüttert. Bevölkerungsexplosion, Energiekrise und Umweltbelastung sind Probleme, die sich nicht länger verdrängen lassen. Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Deutschen, bräuchten wir schon heute die Ressourcen von drei Planeten. Immer mehr Menschen sind der Überzeugung: grenzenloses Wachstum ist in einer Welt begrenzter Ressourcen nicht möglich.
Trotz Steigerung des Bruttoinlandsproduktes ist die persönliche Lebenszufriedenheit in den Industrieländern seit den siebziger Jahren nicht mehr gewachsen. Kann es sein, dass unsere Konsumgesellschaft das Versprechen vom Glück nicht hält? Was brauchen wir wirklich, um ein gutes Leben zu führen?
Wir begleiten die Autorin, die der Frage nachgeht: „Was muss ich ändern, damit mein Lebensstil zukunftsfähig ist? Und worauf kann ich verzichten ohne Verlust an Lebensqualität?“ Karin de Miguel Wessendorf begibt sich auf eine Reise durch Europa. Sie besucht Menschen, Intitiativen und Unternehmen die erkannt haben, dass Wirtschaftswachstum nicht das Maß aller Dinge sein kann.
Der demographische Wandel, die begrenzten Ressourcen des Planeten und die aktuellen Wirtschaftskrisen sorgen ohnehin für eine Wachstumsbremse, ob wir es nun wollen oder nicht. Höchste Zeit, umzudenken und den Ausstieg aus dem zerstörerischen Wachstum selbst zu steuern. Eine Bewegung ist entstanden, die nach Alternativen sucht. Statt in die Opferrolle zu verfallen, arbeiten Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten in Theorie und Praxis am Aufbau einer „Postwachstumsgesellschaft“ – einer Gesellschaft in der ein besseres Leben für Mensch und Umwelt auf lange Sicht möglich sein soll.
Auf ihrer Reise stellt die Autorin fest, dass die Suche nach einem nachhaltigen Lebensstil nicht unbedingt Verzicht bedeuten muss, in vielen Fällen ist es sogar ein Gewinn an Lebensqualität.

Ausführliche Hintergrundinformationen sowie die Möglichkeit, aktiv mitzudiskutieren, finden sich auf der Facebookseite zum Film.

 

Zeitraum: 2011 - 2020

Drei Beiträge von Florian Schneider für Quarks & Co. / WDR-Fernsehen
Redaktion WDR Claudia Heiss

Erstausstrahlung 22.10.2019, WDR
Wiederholung am 13. August 2020, WDR
In der Mediathek verfügbar bis 22.10.2024

Niemand wirft gerne Essen weg, und doch passiert es: Zuhause, im Supermarkt und bei den Herstellern. 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland in der Tonne. Quarks begibt sich auf die Suche und fragt, warum so viele gute Lebensmittel in den Containern der Supermärkte enden.

Ein Film von Lin Sternal
Im Auftrag von 3Sat, „Ab 18!“
Erstausstrahlung: 06.11.2017, 23:40 Uhr

Eine junge Frau verlässt ihre Heimatstadt in Ostpolen und zieht nach Deutschland.
Nun wendet sie sich mit einem Brief an eine alte Freundin in der Heimat um ihr zu erklären, was der tatsächliche Grund ihres Umzuges war…
Der Film erzählt die persönliche Geschichte von Ewa (25), einer polnischen Frau, die vor 6 Jahren ihr Kind abgetrieben hat und bis heute unter dieser schmerzhaften Erfahrung leidet. Schlimmer noch, als die traumatische Erfahrung selbst, ist für sie der gesellschaftliche Umgang mit diesem Thema. Ihre Kindheit und Jugend wurde von einem katholisch konservativen Umfeld geprägt, von dem sie trotz des Versuchs einer Emanzipation immer noch beeinflusst wird. Bis heute hat sie kaum einer Person von ihrer damaligen Entscheidung erzählt. Stattdessen hat sie ihrer Heimat den Rücken gekehrt und versucht das Erlebte zu verdrängen.

Redaktion: Nicole Baum, Udo Bremer (3Sat)

Ein Film von Karin de Miguel-Wessendorf
Im Auftrag des WDR
Erstausstrahlung: 10. November 2016 um 22:40 Uhr im WDR-Fernsehen

Das rheinische Braunkohlerevier ist die größte CO²-Quelle Europas. Der Tagebau verschlingt ganze Dörfer, und auch den Hambacher Forst. Dagegen regt sich Widerstand. Im Wald entstehen Baumhäuser, rund 30 Baumbesetzer versuchen eine Rodung des wertvollen Biotopes zu verhindern. Und die Bewohner der betroffenen Dörfer verlassen keineswegs alle kampflos ihre Heimat – einige bleiben, so lange sie können. Unterstützt werden sie von einer Bürgerinitiative im benachbarten Buir, und von 1000 Klimaaktivisten aus ganz Europa, die den Tagebau Garzweiler für einen Tag besetzen und den Braunkohleabbau symbolisch stoppen. Sie wollen ein Signal an die internationalen Klimagipfel senden: Beendet die klimaschädlichste Art der Energiegewinnung.
Der Energiekonzern RWE will bis ins Jahr 2045 Braunkohle abbauen, steht aber unter immer größerem Druck, seit auch kirchliche Gruppen und Lokalpolitiker sich dem Widerstand angeschlossen haben. Tag 7 hat die Klimakämpfer ein Jahr lang begleitet. Zum Beispiel Clumsy, der sich ein Baumhaus in 18 Metern Höhe gebaut hat. Seit vier Jahren lebt er in 18 Metern Höhe, um zu verhindern, dass die Bagger vorrücken: „Allein dadurch, dass ich auf dem Baumhaus lebe, bin ich schon im Weg“. Oder Lars Zimmer, einer der letzten Bewohner von Immerath. Die meisten Bewohner sind bereits umgesiedelt, doch er will seine Heimat nicht verlassen: „Wenn es mehr Widerstand gäbe, dann würde es RWE nicht ganz so leicht fallen, diese Dörfer hier dem Erdboden gleich zu machen.“ Und Antje Grothus aus Buir, wenige Kilometer vom Tagebau Hambach entfernt: „Wenn wir es nicht aufhalten können, werden die Bagger hier vor der Haustür stehen.“

Redaktion: Andrea Ernst (WDR)

Erstausstrahlung: Jeweils Donnerstag, 17. + 24.11.16 um 23:25 Uhr, WDR
Wiederholung am 30.07.17, 02:47, WDR

Erster Teil in der Kurzversion
„Ich werde jetzt Bäuerin! – Großer Traum, harter Alltag“,
30 Minuten: 10.08.17, 22:10 Uhr, Tag7, WDR

Zweiter Teil in der Kurzversion
„Ackern für den Lebenstraum – Die neue Lust auf Landwirtschaft“,
30 Minuten: 17.08.17, 22:10 Uhr, Tag7, WDR
Kurzversion „Geliebter Mist – Ackern für den Lebenstraum“,
30 Minuten: 13.08.17, 17:30, Gott und die Welt, ARD

Zwei Filme von Jessica Krauss & Insa Onken
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Unsere Serie erzählt von Menschen, die raus wollen aus ihrer virtuellen Arbeitswelt und zurück in ein Leben, das nicht aus dem Zusammenhang gerissen erscheint.
In dem man zu Ende bringt, was man selbst begonnen hat, in dem man Verantwortung trägt und der Erfolg im wahrsten Sinne des Wortes greifbar ist. Kurz: Sie wollen Bauer werden.
Wir erzählen von Städtern, die den romantischen Traum vom Landleben umsetzen.
Von Quereinsteigern, die der erlernte Beruf nicht befriedigt und die als Landwirt komplett neu beginnen wollen. Und schließlich von denjenigen, die zwar mit Schaf und Schwein aufgewachsen sind, nun aber zum ersten Mal für ihren eigenen Hof verantwortlich sind. Von Menschen also, die aufbrechen, um das ganz große Abenteuer zu wagen: Ein neues Leben.
So unterschiedlich die Biografien der Neubeginnenden auch sind, so eint sie doch ihre Haltung zum Leben. Bewusst wollen sie es begehen, achtsam sein und nachhaltig wirtschaften.
Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wer heute Bauer wird, braucht ein dickes Fell und gute Nerven. Viel Arbeit, wenig Freizeit, geringer gesellschaftlicher
Status, hohes finanzielles Risiko und die Abhängigkeit von Faktoren, die nicht zu kontrollieren sind: Wetter, Natur, Tiere – und nicht zu vergessen die europäische Bürokratie und König Kunde, der zwar immer anspruchsvoller aber gleichzeitig nicht freigiebiger wird.
Und so stehen die Neu-Landwirte alle vor der ethischen Herausforderung, einerseits rücksichtsvoll zu Mensch und Natur produzieren zu wollen, andererseits aber unter dem Preisdruck des Marktes oft zu Dingen gezwungen zu sein, die dieser Maxime entgegenlaufen.
Ein Traumberuf sieht anders aus, oder?

Redaktion: Angelika Wagner (WDR)

Ein Film von Karin de Miguel-Wessendorf und Valentin Thurn

Erstausstrahlung: 03.11. 2014, 20:15 Uhr, WDR
Wiederholung: 16.05.2015, RBB; 21.07.2015,
Phönix; 06.06.2015,17:00 Uhr; 07.06.2015,
10:15 Uhr und 08.06.2015 um 5:00 Uhr, HR

Die Milch im Supermarkt wird immer billiger. Für die Milchbauern heißt das: wachse oder weiche! Im letzten Jahrzehnt hat ein Drittel der deutschen Milchbauern aufgeben müssen – gleichzeitig hat die Zahl der Megabetriebe zugenommen. In XXL-Ställen stehen Hunderte von Kühen dicht nebeneinander. Damit sie Höchstleistungen erbringen, kommen die Tiere auch im Sommer nicht mehr auf die Weide.
Auch die Molkereien werden immer größer: Multinationale Konzerne wie Arla oder Friesland-Campina haben die kleinen regionalen Molkereien übernommen und exportieren Milch bis nach China. Doch auch sie sind abhängig vom Preisdiktat der Supermärkte, in erster Linie von Aldi oder Lidl. „Die Verbraucher sind nicht ehrlich zu sich“, kritisiert ein Landwirt aus Kleve am Niederrhein. „Sie sagen uns, sie seien bereit mehr für Bio- und regionale Lebensmittel auszugeben, doch dann treffen wir sie alle bei ALDI an der Kasse.“ Er hält das Bauernsterben für unabwendbar, nur große Betriebe seien wettbewerbsfähig: „Mit der romantischen Landwirtschaft, wie wir sie vor 20, 30 Jahren hatten, kommen wir nicht weiter. Die harte Wirklichkeit ist, es wird nur derjenige überleben, der die Kosten im Griff hat.“
Doch einige kleine Milchbauern wagen es, sich gegen die Konzentrationswelle auf dem Milchmarkt aufzulehnen: Sie setzen auf direkte Vermarktung zu besseren Preisen. Zum Beispiel ein Bauer aus dem Kreis Soest, der mit anderen eine Bauernmolkerei gegründet hat, um sich vom Preisdiktat der Giganten zu lösen.
Oder eine junge Bäuerin aus dem Siegerland: „Schon in der Ausbildung wird uns nahegelegt, dass wir in größere Ställe investieren sollen. Aber ich wünsche mir eine Landwirtschaft in Familienhand, in der jedes Tier nicht nur eine Nummer ist.“ Im März 2015 wird der letzte Schutz für die Kleinbauern fallen: mit dem EU-weiten Ende der Milchquote. Wenn der Milchmarkt liberalisiert wird, fürchten viele einen neuen Preisverfall. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, denn auf die Unterstützung von Bauernverband und Bundesregierung brauchen sie nicht zu hoffen. Die haben sich längst entschieden, dass eine moderne Landwirtschaft nur in Großstrukturen funktionieren kann.

​Redaktion: Angelika Wagner, Andrea Ernst (WDR)

Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Erstausstrahlung: 13.05.2013, 22:45 Uhr, ARD
Wiederholung: 14.06.2015, 16:15 Uhr, WDR und 20.06.2015, 09:30 Uhr, WDR

Mehr als die Hälfte aller Lebensmittel landet im Müll! Mit diesem Ergebnis schockierte die Dokumentation „Taste the Waste“ (2011) und löste eine heftige, öffentliche Debatte aus. Große Pläne werden seither geschmiedet. Bis 2020 will Bundesernährungsministerin Ilse Aigner erreichen, dass in Deutschland nur noch halb so viele Lebensmittel weggeworfen werden wie heute. Konkrete politische Schritte gibt es aber bisher nur wenige. Warum tritt der Gesetzgeber in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Regierungen nur mit eher unverbindlichen Appellen an die Öffentlichkeit?
„Das Wegwerfen lohnt sich für die Unternehmen leider allzu oft, weil die Nahrungsmittel so billig sind und die Arbeitskraft so teuer“, sagt Ernährungsexperte Prof. Guido Ritter von der Fachhochschule Münster.
Warum ist das so? Valentin Thurn hakt nach und sucht in ganz Europa nach Lösungen. Dabei trifft er auf viele Menschen, die bei dieser wichtigen Zukunftsfrage nicht mehr auf die Politik warten wollen. Zum Beispiel Familie Kotzur aus Ludwigsburg, die mit einem Abfalltagbuch herausfinden will, wie weit sie ihren Essensmüll verringern kann. „Das hat uns erst so richtig bewusst gemacht, was wir täglich in den Mülleimer schmeißen!“
Auch Unternehmen in Holland, England, Dänemark, Deutschland und in der Ukraine suchen Lösungen: Eine Karottensaft-Fabrik nutzt auch die kleinen Karotten, die bislang aussortiert wurden, pfiffige Designerinnen verwerten unter dem Label „Culinary Misfits“ originell gewachsenes Gemüse, das der Handel so nicht akzeptiert, einzelne Supermärkte machen keine Ramsch-Angebote mehr, die die Kunden dazu verführen, mehr zu kaufen, als sie brauchen. Landwirte und Köche produzieren und fertigen nach der Maxime: „Feed the clients, not the bins!“ – „Füttert die Kunden, nicht die Mülltonnen!“. Aber reicht der gute Wille Einzelner?

Ein Film von Frank Bowinkelmann und Valentin Thurn
Produziert für ARTE und NDR

Erstausstrahlung: 09.01.2014, 21:45 Uhr, ARTE
Wiederholung:
20.02.2015, 21.45 Uhr, ARTE
02.11.2019, 22.40 Uhr, ARTE

Eine Kurzfassung des Themas, „Antibiotika in der Tierhaltung“, Magazinbeitrag für „W wie Wissen“, wurde am 12.05.2013 ausgestrahlt

„Wir müssen die Möglichkeit haben, auf Antibiotika zurückzugreifen, wenn Tiere tatsächlich krank werden oder eine Grippe in die Gruppe rein kommt.“ Dieses Argument hört man immer wieder von Landwirten, wenn man sie fragt, warum in der Tiermast so viele Antibiotika eingesetzt werden. Über 1700 Tonnen pro Jahr sind es allein in Deutschland – fast siebenmal so viel wie in den Krankenhäusern. In Frankreich ist der Einsatz von Antibiotika sogar doppelt so hoch, pro Kilo erzeugtem Fleisch. Die Folge: In den Tierställen bilden sich gefährliche resistente Keime. Vor allem zwei Erreger finden sich immer häufiger auf unseren Lebensmitteln: so genannte MRSA und ESBL-bildende Keime. Beide Erreger sind multiresistent, das heißt viele Antibiotika sind gegen sie wirkungslos. Nicht nur für Landwirte, die im Stall direkten Kontakt mit den Keimen haben, stellen sie eine Gefahr dar. Wissenschaftler fanden die Bakterien auf Fleisch – und sogar auf Gemüse. Wie kommen die Keime dorthin? Was passiert wenn wir sie mit der Nahrung aufnehmen? Frank Bowinkelmann und Valentin Thurn wollen diese Fragen beantworten. Zu Wort kommen Wissenschaftler, Bauern, Tier- und Humanmediziner in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden.

Ein Fim von Karin de Miguel Wessendorf
Im Auftrag von ZDF und ARTE

Erstausstrahlung: 01.10.2013 um 20.15 Uhr, ARTE

Kein Wohlstand ohne Wachstum. So lautet bisher das Credo von Wirtschaft und Politik. Ein stetiges Wirtschaftswachstum gilt als Garantie für Arbeitsplätze und für die Lebensqualität der Bevölkerung. Wer an dem Wachstumsdogma zweifelt, wird als realitätsfremd belächelt.
Doch Wirtschaftskrise und Klimawandel haben diesen Glauben erschüttert. Bevölkerungsexplosion, Energiekrise und Umweltbelastung sind Probleme, die sich nicht länger verdrängen lassen. Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Deutschen, bräuchten wir schon heute die Ressourcen von drei Planeten. Immer mehr Menschen sind der Überzeugung: grenzenloses Wachstum ist in einer Welt begrenzter Ressourcen nicht möglich.
Trotz Steigerung des Bruttoinlandsproduktes ist die persönliche Lebenszufriedenheit in den Industrieländern seit den siebziger Jahren nicht mehr gewachsen. Kann es sein, dass unsere Konsumgesellschaft das Versprechen vom Glück nicht hält? Was brauchen wir wirklich, um ein gutes Leben zu führen?
Wir begleiten die Autorin, die der Frage nachgeht: „Was muss ich ändern, damit mein Lebensstil zukunftsfähig ist? Und worauf kann ich verzichten ohne Verlust an Lebensqualität?“ Karin de Miguel Wessendorf begibt sich auf eine Reise durch Europa. Sie besucht Menschen, Intitiativen und Unternehmen die erkannt haben, dass Wirtschaftswachstum nicht das Maß aller Dinge sein kann.
Der demographische Wandel, die begrenzten Ressourcen des Planeten und die aktuellen Wirtschaftskrisen sorgen ohnehin für eine Wachstumsbremse, ob wir es nun wollen oder nicht. Höchste Zeit, umzudenken und den Ausstieg aus dem zerstörerischen Wachstum selbst zu steuern. Eine Bewegung ist entstanden, die nach Alternativen sucht. Statt in die Opferrolle zu verfallen, arbeiten Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten in Theorie und Praxis am Aufbau einer „Postwachstumsgesellschaft“ – einer Gesellschaft in der ein besseres Leben für Mensch und Umwelt auf lange Sicht möglich sein soll.
Auf ihrer Reise stellt die Autorin fest, dass die Suche nach einem nachhaltigen Lebensstil nicht unbedingt Verzicht bedeuten muss, in vielen Fällen ist es sogar ein Gewinn an Lebensqualität.

Ausführliche Hintergrundinformationen sowie die Möglichkeit, aktiv mitzudiskutieren, finden sich auf der Facebookseite zum Film.

Zeitraum: 2000 - 2010

Ein Film von Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Erstausstrahlung: 20.10.2010, 23:30 Uhr, ARD
Wiederholung: 06.08.2015, Phoenix

Unterstützt von MEDIA (EU-Kommission), Evangelischer Entwicklungsdienst (EED), KOCCA (koreanische Filmförderung).
Redaktion: Angelika Wagner (WDR), Andrea Ernst (WDR), Dirk Neuhoff (NDR) und Babeth Vanloo (BOS)
Die internationale Fassung (55 Minuten) lief in den Niederlanden (BOS), Schweden (SVT), Irland (TG4), Spanien (TV3), Litauen (LVT), Finnland (YLE), Schweiz (TSR), Norwegen (NRK), Zypern (CYBC), Griechenland (ERT), Süd-Korea (CREO) und in weiteren Ländern (Liste wird aktualisiert).

Die Kurzfassung (29 Minuten) lief im WDR-Fernsehen unter dem Titel „Essen im Eimer“ am 25.10.2010 und im NDR-Fernsehen am 26.10.2010

Mehr als die Hälfte unserer Lebensmittel landet im Müll! Das meiste schon auf dem Weg vom Acker in den Laden, bevor es überhaupt unseren Esstisch erreicht: jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Das entspricht etwa 500.000 Lkw-Ladungen pro Jahr. Regisseur Valentin Thurn hat das Ausmaß dieser Verschwendung international recherchiert – in den Abfall-Containern der Großmärkte, Lagerhallen und Supermärkte. Dokumentiert hat er überwältigende Mengen einwandfreier Nahrungsmittel, teilweise noch original verpackt, oft auch mit noch gültigem Mindesthaltbarkeitsdatum. Bis zu 20 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jedes Jahr allein in Deutschland weggeworfen. Und es werden immer mehr!
Auf der Suche nach den Ursachen spricht Valentin Thurn mit Supermarktmanagern, Bäckern, Großmarkt-Inspektoren, Ministern, Bauern und EU-Politikern.
Was er findet, ist ein weltweites System, an dem sich alle beteiligen. Alles soll jederzeit verfügbar sein, Supermärkte bieten durchgehend die ganze Warenpalette an, bis spät in den Abend muss das Brot in den Regalen frisch sein, zu jeder Jahreszeit gibt es Erdbeeren. Und alles muss perfekt aussehen: Ein welkes Salatblatt, ein Riss in der Kartoffel, eine Delle im Apfel – sofort wird die Ware aussortiert. Joghurtbecher landen schon zwei Tage, bevor ihr Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft, im Müll.
Dass die Hälfte der bereits produzierten Lebensmittel zu Abfall wird, wirkt sich verheerend auf das Weltklima aus. Die Landwirtschaft verschlingt riesige Mengen an Energie, Wasser, Dünger, Pestiziden und rodet den Regenwald, sie ist damit für mehr als ein Drittel der Treibhausgase verantwortlich. Wenn Nahrungsmittel auf der Müllkippe verrotten, entweicht zusätzlich Methangas, das sich auf die Erderwärmung 25mal so stark auswirkt wie Kohlendioxid.
Der Wunsch der Konsumenten, über alles jederzeit verfügen zu können, verschärft auch den weltweiten Hunger. Die steigenden Weizenpreise belegen es: Heute kaufen die Industrieländer ihre Lebensmittel auf dem Weltmarkt, ebenso wie die Entwicklungsländer. Würden wir weniger wegwerfen, müssten wir weniger einkaufen; die Preise fielen und es bliebe mehr für die Hungrigen.
Aber es geht auch anders: Valentin Thurn findet weltweit Menschen, die die irrsinnige Verschwendung zu stoppen versuchen: so genannte Mülltaucher, die Nahrungsmittel aus den Abfall-Containern der Supermärkte retten, Supermarkt-Direktoren, die ihre Kunden davon überzeugen, weniger klimaschädliche Produkte zu kaufen, Verbrauchervereine, die Bauern und Kunden direkt zusammenbringen. Kleine Schritte, die aber viel bewirken könnten: Wenn wir in den Industrieländern die Lebensmittelverschwendung nur um die Hälfte reduzieren, hätte das auf das Weltklima denselben Effekt, als ob wir auf jedes zweite Auto verzichten.

 

Ein Film von Britta Dombrowe
Im Auftrag des ZDF
Erstausstrahlung: 08.10.2010, 22:40 Uhr, ARTE

Statistisch gesehen gibt es sie gar nicht, die Intersexuellen. In die Geburtsurkunde muss innerhalb der ersten Woche nach der Geburt eingetragen werden: Junge oder Mädchen – sonst wird sie gar nicht ausgestellt. Und ohne die Geburtsurkunde gibt es keinen Pass, kein Kindergeld, keine Einschulung. Bei einem uneindeutigen Genital raten viele Mediziner zu einer geschlechtsangleichenden Operation. Das Problem dabei: Niemand kann voraussagen, als was sich das Kind später fühlen wird: Als Mann oder als Frau?
Während der Schwangerschaft waren sich Andrea und ihr Mann Nico einig: „Ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, war uns egal. Daß es beides zugleich sein könnte, auf den Gedanken sind wir nie gekommen!“ Drei Monate zu früh kommt ihr Baby auf die Welt. „Bei der Entbindung sagte mir die Hebamme, es ist ein kleiner Junge!“ erinnert sich Andrea, „als dann mein Mann ins Krankenhaus kam, sagte der Arzt zu ihm, es sei ein kleines Mädchen!“ Ihr Kind hat eine Scheide, eine Gebärmutter, im Bauchraum liegende Hoden und einen kleinen Penis. Untersuchungen zeigen, dass die Geschlechtschromosomen ein XY aufweisen, also männlich sind.
Doch das biologische Geschlecht eines Menschen ist auf verschiedenen Ebenen ablesbar: Über die Chromosomen, die Hormone und die Geschlechtsorgane. Bei einer normalen Entwicklung stimmen diese Faktoren überein, bei Intersexualität stehen sie im Widerspruch. Es gibt über 25 unterschiedliche Diagnosen und jedes 5000. bis 3000. Neugeborene ist betroffen.

Erst in den vergangenen Jahren hat die Wissenschaft mit Hochdruck begonnen, die Ursachen und Auswirkungen von Intersexualität zu erforschen: Der neue Fachbegriff lautet nun DSD – Disorder of Sexual Developement: „Störung“ der Geschlechtsentwicklung. Allerhöchste Zeit, denn seit den 50er Jahren folgt die Medizin den Thesen des amerikanischen Psychologen John Money, der allein die Erziehung für ausschlaggebend hielt. Damit das Umfeld aber eine klare geschlechtsspezifische Erziehung vornehmen kann, braucht das Kind einen eindeutigen Körper: Säuglinge kommen auf den OP-Tisch.
Mit Hilfe der Chirurgie kann weggenommen werden, was zuviel ist oder Fehlendes hinzugefügt werden. Die Hormontherapie leistet ihr übriges. Doch oftmals werden im Parforceritt zur sexuellen Eindeutigkeit die Zeichen nicht richtig gelesen oder überhaupt nicht erkannt. Wer will über das Geschlecht der Säuglinge entscheiden, wenn nicht absehbar ist, wie sie sich später als heranwachsende Menschen fühlen und entwickeln werden? Wie sie leben möchten?
Auch Erkenntnisse aus der Hirnforschung werden noch nicht berücksichtigt. Aber gerade im Falle eines intersexuellen Genitales liefert das Gehirn wichtige Hinweise, so der Hirnforscher Dirk Swaab: „Man muss warten bis das Gehirn anfängt in einer geschlechtlich differenzierten Weise zu arbeiten. Nur vom Verhalten eines Menschen können wir ableiten, ob er ein männliches oder weibliches Gehirn hat.“
Die Intersexuelle Christiane Völling (50) hat jahrzehntelang unter der Diskrepanz zwischen Körper und Gefühlen gelitten. Bei ihrer Geburt wurde das Mädchen auf Grund einer vergrößerten Klitoris dem männlichen Geschlecht zugewiesen. Eine Hormonbehandlung mit Testosteron folgte. Die spätere Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken wurden ihr als Tumorentfernung verkauft. Erst dreißig Jahre nach der Operation erfährt sie aus den Akten, dass man ihr damals ihre Weiblichkeit genommen hat. 2008 verklagt sie ihren ehemaligen Chirurgen – das Gerichtsverfahren sorgt für Aufmerksamkeit.

Die Eltern von Inge haben das Glück, dass sie von den Ärzten nicht dazu gedrängt wurden, eine „geschlechtsangleichende“ Operation vornehmen zu lassen. Sie wollen die Entscheidung möglichst lange hinauszögern:
„Wir ziehen unsere kleine Inge als Mädchen auf, aber es kann gut sein, dass sie in der Pubertät, wenn ihre männlichen Keimdrüsen zu arbeiten anfangen, eher zum jungen Mann wird. Wir versuchen sie so normal wie möglich zu erziehen. Bei rosa Kleidchen bin ich doch zurückhaltend. Ich denke immer, vielleicht will sie später als Mann leben und dann sind ihr Bilder in einer solchen Aufmachung bestimmt peinlich.“
Die Dokumentation der Filmemacherin Britta Julia Dombrowe nähert sich dem Leben der Betroffenen in intensiven Interviews und zeigt gleichzeitig den aktuellen Stand der Forschung: Ein französischer Chirurg, der Kinder zur Eindeutigkeit operiert, erklärt seine Motivation die Kinder vor einer grausamen Gesellschaft zu „bewahren“. Inges Lehrerin erzählt uns, wie die Kinder damit umgehen, dass Inge Junge und Mädchen ist. Neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung machen deutlich: Geschlecht entsteht im Gehirn und nicht zwischen den Beinen.
Über die Lebenswege von Intersexuellen, aber auch über den Umgang mit ihnen in Wissenschaft und Medizin wissen wir wenig. Dass es weit mehr als Mann und Frau gibt, darum geht es in diesem Film.

 

Ein Film von Valentin Thurn
Im Rahmen des Arte-Themenabends „Tatort Krankenhaus“

Erstausstrahlung: 20.04.2010, 21:15 Uhr, ARTE
Link zum ARD-Bericht

Viele Kinofans feierten Gérard Depardieus Sohn Guillaume als größte Nachwuchshoffnung des französischen Films. Doch es kam anders. 1995 musste der 24-Jährige nach einem Motorradunfall am Knie operiert werden. Während des Eingriffs drang der Krankenhauskeim MRSA in die Wunde. Eine endgültige Heilung gab es nicht, weder durch 17 Operationen noch mittels Antibiotika. 2003 schließlich traf Guillaume Depardieu eine harte Entscheidung. Um seinen unerträglichen Schmerzen ein Ende zu bereiten, ließ er sein rechtes Bein amputieren.
Im Kampf gegen die Killerkeime gründete der Schauspieler die „Stiftung Guillaume Depardieu“ und machte in Talkshows auf unhaltbare Zustände in französischen Krankenhäusern aufmerksam. Er drohte dem Gesundheitsminister mit einem „Kreuzzug“, wenn die Regierung nicht gegen die Zustände in den Krankenhäusern vorgehe. Bald musste er feststellen, dass ihn die Masse der Anfragen überforderte. Sein Lebenswerk übergab er dem Patientenschutzverband „Lien“ und konzentrierte sich auf seine Karriere. Während er sich zu Dreharbeiten in Rumänien aufhielt, erkrankte er an einer Lungenentzündung. Plötzlich ging alles ganz schnell. Am 13. Oktober 2008 starb Guillaume Depardieu im Alter von 37 Jahren.
Was ist sein Vermächtnis? Seine zornigen Auftritte im Fernsehen schärften das öffentliche Bewusstsein für die Gefahr der gegen Antibiotika resistenten Keime in Frankreich und sorgten für politischen Druck. Das Gesundheitsministerium, das zuvor nur ungern Zahlen zum Problem veröffentlichte, änderte 2003 seinen Kurs. Seither werden die Erkrankungen landesweit erfasst und publiziert. Und Patienten können nachlesen, wie aktiv ihr Krankenhaus im Kampf gegen die Killerkeime mitwirkt.

Die Reform zeigt heute Wirkung: Als einziges europäisches Land konnte Frankreich in den letzten fünf Jahren die Zahl infizierter Patienten reduzieren, während sich andernorts die Killerkeime weiterhin in den Krankenhäusern ausbreiten.

Filmemacher Valentin Thurn lässt in seiner Dokumentation unter anderem Guillaume Depardieus Exfrau Elise zu Wort kommen. Außerdem äußern sich Freunde und Kollegen. Der Schauspieler selbst ist in zahlreichen Archivaufnahmen aus Dokumentar- und Spielfilmen präsent.

 

Ein Film von Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 13.09.2009, 16:25 Uhr, WDR
Link zum Whistleblower-Netzwerk

„Meine Loyalität für die Verfassung steht über meiner Loyalität zu meinem Chef.“, entscheidet Rudolf Schmenger am 30. August 2001.
Bis dahin ist er ein effizienter Steuerfahnder, mehrfach belobigt von seinem Dienstherrn, dem Frankfurter Finanzamt. In dessen Auftrag durchsucht er auch eine Großbank und kommt Steuerhinterziehern auf die Spur, die Millionenbeträge auf Konten ins Ausland schleusen. Ohne Angabe von Gründen untersagt ihm sein Dienstherr diese „Fälle“ weiter zu verfolgen. Eine vermutlich politisch motivierte Anweisung aus dem hessischen Finanzministerium, denn die Ermittlungen in den Banken wirken sich nachteilig für das Land als Wirtschaftsstandort aus.
„Es kann doch nicht sein, dass wir die kleinen Steuersünder hängen und die großen laufen lassen.“, sagt Rudolf Schmenger. Aber schließlich verfügt das Finanzministerium die Auflösung seiner Abteilung.
Rudolf Schmenger wehrt sich – bis die Amtsleitung schließlich über ein beauftragtes Gutachten einen Weg findet, ihn loszuwerden: Ein Psychiater attestiert Rudolf Schmenger eine „querulatorische Entwicklung“ und schreibt ihn „lebenslang dienstunfähig“.
Gegen seinen Willen wird er mit Anfang 40 in den vorzeitigen Ruhstand geschickt. Inzwischen beschuldigt die hessische Landesärztekammer den Psychiater, ein Gefälligkeitsgutachten im Interesse der Landesregierung erstellt zu haben. Rudolf Schmenger kämpft für seine Reputation uns schart weiter Beamte um sich, die wie er ihrem Gewissen folgen wollen.
tag7 rollt in einer Reportage den Fall „Schmenger“ exemplarisch auf und fragt, was diesen Menschen dazu befähigt, trotz heftiger Widerstände seine ethischen Grundsätze über die persönliche Karriere zu stellen.

 

Ein Film von Valentin Thurn

Erstausstrahlung: 01.07.2009, 23:30 Uhr, ARD

Link zur Website von Harry Wörz
Link zum Song von Nadeem

Es ist der Alptraum schlechthin, der Tag, mit dem sich alles im Leben ändert: Der Tag, an dem ‚Im Namen des Volkes‘ ein Richter Schuld ausspricht. Der Verurteilte weiß er war es nicht – Doch keiner glaubt ihm. Auch das deutsche Strafrechtssystem ist trotz aller Regeln, aller Instanzen vor Irrtümern nicht gefeit. Und, noch schlimmer: Wer einmal in die Mühlen der Justiz gerät, hat kaum Chancen, wieder herauszukommen.
Einer dieser seltenen Fälle ist Harry Wörz (41) aus Birkenfeld bei Pforzheim. Er soll seine Ex-Frau 1997 mit einem Schal gewürgt haben. Das Opfer ist wegen Gehirnschädigung seither ein Pflegefall und kann nicht mehr aussagen. Sie war Polizistin. Ebenfalls unter Verdacht waren ihr Geliebter und ihr Vater, beide ebenfalls Polizisten. Doch für die Polizei steht schnell fest, dass Harry Wörz der Schuldige ist. Er ist kein Polizist. Das Gericht folgte der Ansicht der Ermittler und verurteilt Harry Wörz in einem Indizienprozess zu elf Jahren Haft. In einem späteren Zivilprozess allerdings, es ging um Schadensersatz, urteilten die Richter, dass er nicht der Täter sein könne. Sie kritisierten, im Strafprozess sei ‚in manchen Punkten nicht objektiv ermittelt worden.‘ Wörz bemühte sich daraufhin um eine Wiederaufnahme, was ihm drei Jahre später tatsächlich gelang. Mit Erfolg: Freispruch vom Landgericht Mannheim. Doch ein Jahr später, im Oktober 2006, hob der Bundesgerichtshof den Freispruch wieder auf. Der Folge-Prozess hat vor wenigen Wochen begonnen und soll noch das ganze Jahr 2009 laufen.
90 Prozent aller Justizirrtümer gehen auf eine falsche Identifizierung zurück. Denn zunehmend verlassen sich die Richter auf Gutachter. Doch die stehen seit einiger Zeit heftig in der Kritik. Ein ganz gravierender Fehler eines solchen Gutachters hat Donald Stellwag (50) wegen angeblichen Bankraubs unschuldig hinter Gitter gebracht. Der Gutachter hatte ihn auf einem von der Überwachungskamera am Tatort gemachten Foto ‚zweifelsfrei‘ identifiziert. Donald Stellwag bemühte sich um eine Wiederaufnahme – vergebens. Er saß die vollen neun Jahre ab, eine vorzeitige Entlassung wurde ihm verweigert, weil er nicht geständig war. Keine zwei Wochen, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, schnappte die Polizei den echten Täter bei einem neuen Banküberfall.

Ungewöhnlich: 2007 wurde der Gutachter vom Oberlandesgericht Frankfurt/Main zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 150.000 Euro verurteilt – der erste Fall, in dem ein Sachverständiger für ein fehlerhaftes Gerichtsgutachten jemals haftbar gemacht wurde. Der vom Gericht beauftragte Gegen-Gutachter Prof. Friedrich Wilhelm Rösing kritisiert, dass es zahlreiche Fehlurteile aufgrund der schlechten Qualität der Überwachungskameras und der unzureichenden Kenntnis vieler Gutachter gibt.
Rösing ist nun wieder Gegen-Gutachter in einem aktuellen Fall: In der Justizvollzugsanstalt Heimsheim bei Stuttgart sitzt seit fast neun Jahren Andreas Kühn. Er soll der sogenannte ‚Gorillamasken-Räuber‘ sein, der in den 90er Jahren in Stuttgart vier Banken überfiel. Kühn beteuert seine Unschuld. Das Gericht stützte seine Verurteilung auf mehrere Indizien. Ausschlaggebend war ein Foto aus einer Überwachungskamera. Der Sachverständige im Prozess – ein pensionierter Polizist – sagte damals, er könne Kühn als Täter nicht ausschließen. Professor Wilhelm Rösing ist aber davon überzeugt: Kühn kann nicht der Bankräuber sein. 25 Merkmale hat der Experte für Gesichtserkennung auf den Bildern gefunden, die nicht mit dem Verurteilten übereinstimmen – bereits bei 3 Merkmalen könne man sagen, dass das Bild nicht die fragliche Person zeige. Gestützt auf dieses Gutachten betreibt Kühn die Wiederaufnahme seines Falls. Ein mühsames, quälendes Verfahren voller Ungewissheiten und mit offenem Ausgang.

 

Ein Film von Kadriye Acar und Valentin Thurn
Im Auftrag des NDR

Erstausstrahlung: 10.05.2009, 17:30 Uhr, ARD
Link zur ARD Themenwoche

„Hätte ich Inge früher kennen gelernt, wäre ich ein selbstbewussterer Mensch geworden. Vieles wäre einfacher gewesen. Ich vertraue ihr mehr als anderen Menschen, weil ihre Hilfe ehrenamtlich ist und damit vom Herzen kommt“, sagt die 27jährige Öznur Demir. Sie hatte Hilfe gesucht, um den Hauptschulabschluss zu schaffen – und die 69jährige Rentnerin Inge Alexy gefunden, beim Projekt „Senioren-Lotsen“. Die ehrenamtliche Patin hilft der jungen Türkin beim Erlernen der deutschen Sprache und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.
Dreißig solche Senioren-Lotsen gibt es zur Zeit in Lübeck, und bei jedem Treffen werden es mehr. Nicht nur die jungen Ausländer profitieren, auch die Senioren, die in ihrem Ruhestand etwas Nützliches tun wollen. Ein Modellprojekt, das es bisher nur in Lübeck gibt.

Die ehrenamtlichen „Lotsen“ können die Profis der Beratungsstellen nicht ersetzen. Aber sie können die jungen Menschen auch moralisch unterstützen, wenn sie sich in einer verzweifelten Situation befinden, wie der 17jährigen Kurde Faysal Idris, der mit 14 Jahren nach Deutschland geflohen war. „Ohne Herrn Pawlowski“, so der junge Mann, „hätte ich nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Ich kann es nicht in Worten ausdrücken, aber es ist der wichtigste Mensch für mich in Lübeck.“ Der ehemalige Lehrer Jürgen Pawlowski kam nach dem 2. Weltkrieg selbst als Flüchtlingskind nach Lübeck. Er kennt das Gefühl, fremd in einem Land zu sein. Deshalb will er Faysal helfen, sich in Lübeck wohl zu fühlen.

 

Ein Film von Valentin Thurn und Sabine Goette

Erstausstrahlung: 19.12.2008, 22:35 Uhr, ARTE

Journalistenpreis 2009 der ARGUS-Stiftung für den Erhalt und die Entwicklung von Antibiotika
36th International Festival of Sustainable Development Films, Bratislava, Slowakei, 2009
International Science Film Festival, Athen, Griechenland, 2009

Die weltweite Ausbreitung neuer Super-Bakterien in den Krankenhäusern bereitet den Ärzten Sorge. Der am weitesten verbreitete und gefährlichste unter den Krankenhauskeimen heißt MRSA (multiresistenter Staphylokokkus aureus). Allein in Deutschland infizieren sich jährlich 15.000 Patienten, in Frankreich fast doppelt so viele. MRSA ist gegen die gängigen Antibiotika resistent. Und der Keim wird immer aggressiver: Die Zahl der Medikamente die noch eingesetzt werden können sinkt von Jahr zu Jahr. MRSA kann zu schweren Wundinfektionen, Lungenentzündungen, Sepsis und nicht selten zum Tod führen. Europaweit sterben jedes Jahr rund 50.000 Menschen an dem Killer-Keim.
Super-Keime wie MRSA gibt es schon seit über 40 Jahren, doch in Ländern wie Deutschland oder Frankreich wurde das Problem lange Zeit unterschätzt. Die Folge: der Keim breitete sich so stark aus, dass die Kliniken ihn heute kaum noch beherrschen können. Selbst strengste Hygiene-Vorkehrungen können die Infektionsgefahr bei einer OP nicht auf Null senken.
Seit der Entdeckung des Penicillin haben sich die Ärzte darauf verlassen, dass Antibiotika bakterielle Infektionen wirksam bekämpfen. Doch sobald ein neues Mittel erfunden wurde gab es schon wenige Jahre später resistente Bakterien-Stämme. Sie haben sich vor allem in den Ländern ausgebreitet, in denen die Antibiotika besonders großzügig angewendet werden. Dort hingegen, wo sie gezielter und sparsamer vergeben werden, gibt es auch weniger Super-Keime.
Die Filmemacher Valentin Thurn und Sabine Goette gehen der Frage nach: Was wird in europäischen Krankenhäusern gegen die Ausbreitung der Krankenhauskeime unternommen? Wie haben es die Niederländer geschafft, die Zahl der MRSA-Erkrankungen fast auf Null zu reduzieren? Wie breiten sich neue Keime aus, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft? Welche Hoffnung gibt es durch die Forschung an Impfstoffen? Und: Wie kommen Patienten damit zurecht, die im Krankenhaus mit einem Super-Keim infiziert wurden und ihn wohl nie wieder los werden?

 

Ein Film von Britta Dombrowe und Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 18.05.2008, WDR

„Das Brot hier ist doch 1 A!“, meint Hanna und sie hat völlig Recht. Es sieht appetitlich aus und ist ordentlich in Plastikfolie eingeschweißt. Nichts scheint es von den anderen im Supermarktregal zu unterscheiden, nur dass die 21-jährige es gerade aus dem Abfall gefischt hat. Ihr Essen kauft Hanna schon lange nicht mehr in Supermärkten, sondern besorgt es sich aus den Müllcontainern dahinter.
„Containern“ heißt das in der Szene der selbsternannten Resteverwerter, die sich dem Konsumkreislauf der Wegwerfgesellschaft verweigern. Nicht aus Not, sondern aus Überzeugung.
Konkrete Zahlen, wie viele Lebensmittel in Deutschland weggeworfen werden, gibt es nicht. Allein auf dem Kölner Großmarkt kommen bis zu zehn Tonnen an einem normalen Markttag zusammen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: mal ist der Aufdruck auf dem Etikett verrutscht, mal entsprach die Kühlung während des Transports nicht dem Standard. Oft aber ist es für Groß- und Einzelhändler einfach billiger, Lebensmittel wegzuwerfen und neu einzukaufen als Lagerplätze anzumieten. „Dann wandert das ganze Zeug kistenweise in den Müll“, weiß Resteverwerter Jens aus Köln, der sich inzwischen über das „Containern“ von seinem ehemals bürgerlichen Leben vollends verabschiedet hat: „Ich muss mich für niemanden verbiegen, aber diese Freiheit kann ganz schön hart sein.“
Wir begleiten Resteverwerter auf ihren Streifzügen ins „Gratisland“. Welche Freiheiten bringt ihnen ihr selbst gewähltes Leben und wo stoßen sie auf gesundheitliche, soziale und politische Grenzen?

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 07.05.2008, 22:30 Uhr, Menschen hautnah, WDR
Link zum Verzeichnis deutscher Samenbanken

Als Anna (28) von ihrer Mutter erfährt, dass sie mit einer Samenspende gezeugt wurde, ist sie zunächst wie gelähmt. Wochenlang schaut sie sich die Fotoalben der Familie an, vergleicht ihr Gesicht im Spiegel mit dem des Vaters und der Schwestern.
Annas Eltern hatten sich vor acht Jahren getrennt: Zum sozialen Vater hatte Anna seither nur noch wenig Kontakt. Ihre beiden jüngeren Schwestern kamen auf natürlichem Weg zur Welt, obwohl ein Arzt dem Vater zunächst gesagt hatte, er sei zeugungsunfähig. Die Eltern hatten deshalb damals die Hilfe einer Samenbank in Boston, USA, in Anspruch genommen.

Anna fährt nach Boston, um ihren genetischen Vater zu suchen oder besser den „Spender“ zu finden, denn das Wort „Vater“ vermeidet sie in diesem Zusammenhang: „Ich habe ja bereits einen Vater!“ Die Suche ist schwierig, denn ihre Mutter Pauline hatte damals alle Unterlagen vernichtet, schließlich sollte niemand von der Samenspende erfahren. Als sie feststellt, wie wichtig ihrer Tochter die „Spendersuche“ ist und als Anna über ein Internet-Forum einen möglichen Spender findet, entschließt sich ihre Mutter, auch nach Boston zu fahren. Sie besuchen Randy, der zu der Zeit gespendet hatte, als Pauline in Behandlung war. Nach einem sehr emotionalen Gespräch in seiner Wohnung nehmen sie auf einem Wattestäbchen eine Speichelprobe . Diese lassen sie zu Hause in München in einem Genlabor untersuchen. Von der Laborleiterin erfährt Anna auf ihrer Suche nach der eigenen Identität das Testergebnis…

 

Ein Film von Valentin Thurn und Sabine Goette
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 27.11.2007, 21:40 Uhr, ARTE

Die Erfindung der Impfstoffe ist eine der großen Erfolgsgeschichten der Medizin. Epidemien wie Pocken und Kinderlähmung, die die Menschen lange Zeit in Angst und Schrecken versetzten, konnten dank der Impfungen besiegt werden. Doch die Siege, die in der Geschichte der Medizin errungen wurden, waren nur selten ohne unerwünschte Nebeneffekte oder sogar Verluste zu haben. Auch wenn die Impfstoffe heute um ein vielfaches sicherer sind als noch vor 20 Jahren, besteht die Möglichkeit von Impfschäden noch immer. Die Gefahren durch Infektionskrankheiten, die durch Impfungen verhindert werden können, werden von Experten weitaus höher eingeschätzt. Die tödlichen Folgen der Masern sind ein Beispiel dafür. Und doch sind sie da: Folgeschäden, die zu Behinderung oder gar Tod führen.
Die Filmemacher Valentin Thurn und Sabine Goette spüren den Glanz- und Schattenseiten der Impfungen nach. Eine Reise in die Historie der Immunisierung ebnet den Weg zu den Schicksalen der Betroffenen, damals wie heute, und zu aktuellen, kontrovers geführten Debatten rund ums Impfen.

Familien aus Deutschland und Frankreich erzählen von beiden Seiten der Erfolgsmedaille: Was geschehen kann, wenn nicht geimpft wird, und wie auch eine Impfung das Leben dramatisch verändern kann. Der sechsjährige Micha ist dem Tod geweiht, da er sich im Alter von 5 Monaten in einer Kinderarztpraxis mit Masern ansteckte. Erst nach Jahren brach die Krankheit aus: SSPE, eine chronische Hirnentzündung und Folge der Masern, die mit Sicherheit zum Tod führt. Auch der kleine Joel ist betroffen. Während der größten Masernepidemie Deutschlands, die 2006 in Duisburg ausbrach, erkrankte er ebenfalls. Noch während der Dreharbeiten starb er. Madame Zanakolona aus Paris hingegen musste jahrelang kämpfen, damit der Hirnschaden, den ihr heute 15-jähriger Sohn nach einer Keuchhustenimpfung davontrug, gerichtlich anerkannt wurde. Der Impfstoff ist längst nicht mehr auf dem Markt, aber neue Impfstoffe mit möglichen Risiken drängen nach. Familie Schomaker jedenfalls ist überzeugt, dass der Sechsfach-Impfstoff, der vor 6 Jahren eingeführt wurde, Schuld am Tod ihres Sohnes war.
Der Gerichtsmediziner Prof. Randolph Penning hat in den letzten Jahren mehrere Kinder nach Sechsfachimpfung obduziert. Ergebnis: auffällige und besorgniserregende Hirnschwellungen. Auch der ehemalige Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts und Insider Dr. Klaus Hartmann steht den neuen Kombinationsimpfstoffen äußerst kritisch gegenüber. Sind sie schuld am Tod der Kinder? Beweisen konnte es bislang niemand, aber die Kontroverse ist in Gang gesetzt. Wie offen muss über mögliche Folgeschäden berichtet werden, ohne Angst bei den Eltern zu schüren und damit niedrige Impfraten und die Rückkehr der Epidemien zu produzieren?
Die meisten Infektionskrankheiten haben ihre Bedrohung verloren, nicht zuletzt durch die Erfolge der Impfungen. Die Impfungen erscheinen deshalb vielen gar nicht mehr so wichtig. Manche Impfstoffe aber würden von vielen Menschen weltweit begrüßt. Wie beispielsweise der neue Impfstoff gegen Tuberkulose, der im Max-Planck-Institut in Berlin entwickelt wird. Millionen Menschen sind weltweit von der TB betroffen, resistente Erreger breiten sich immer mehr aus. Mit einer Impfung könnte Abhilfe geschaffen, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Denn die TBC ist weiter auf dem Vormarsch.

Ein Film von Valentin Thurn und Britta Dombrowe
Erstausstrahlung: 02.09.2007, 16:25 Uhr, WDR

Über Stunden quälten im November 2006 Häftlinge einen 20-jährigen Mitinsassen im Jugendgefängnis Siegburg und töteten ihn schließlich. Vom Gefängnispersonal wurde das stundenlange Martyrium nicht bemerkt. Die Tat warf ein Schlaglicht auf die Zustände in deutschen Jugendgefängnissen: Zellen sind überbelegt, es herrscht akuter Personalmangel, Häftlinge werden bis zu 23 Stunden am Tag weggesperrt und sich selbst überlassen.
Das kennt auch der 19-jährige Ufuk, der in Siegburg einsitzt, dem „härtesten Jugendknast“, wie er meint. Ufuk weiß wovon er spricht, mit 14 hatte er bereits 140 Straftaten auf seinem Konto, ist Stammgast in deutschen Gefängnissen und kennt die Regeln hinter den Mauern. „Wenn du im Knast ankommst, dann wirst du erstmal ausgecheckt. Entweder sie haben Respekt oder du musst dir Respekt verschaffen. Da gilt allein das Faustrecht.“ Dabei heißt es im Strafvollzugsgesetz: „Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“
Der Film zeigt die Ursachen wachsender Brutalität hinter Gittern und stellt neue Wege im Jugendstrafvollzug vor.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 06.02.2007, 20:40 Uhr, Themenabend, ARTE

1001 Documentary Film Festival, Istanbul, 2008
Gold Panda Awards, International Sichuan TV Festival, China, 2007
E. Desmond Lee Africa World Festival, St. Louis, USA und Lagos, Nigeria, 2007
Filmfest Eberswalde – Die Provinziale, Deutschland, 2007: Preis als „beste Dokumentation“

Die Einwanderung brachte die Frauen-Beschneidung von Afrika nach Europa. Doch immer mehr schwarze Frauen entscheiden: „Mit meiner Tochter nicht!“ Drei Frauen aus England, Deutschland und Frankreich erzählen vom Tag ihrer Beschneidung, von Problemen beim Urinieren und von den Schmerzen bei der Menstruation, der Angst vor Geschlechtsverkehr und Geburt. Doch es gibt Hoffnung: Dr. Pierre Foldes aus Paris entwickelte eine Technik mit der er die Klitoris wieder herstellen kann.
„Mit meiner Tochter nicht!“ erscheint als Bonustrack auf der DVD des Kinofilms „Wüstenblume“ mit Waris Dirie.

Ein Film von Mauricio Estrella und Antonio Uscátegui
Koautor: Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 19.11.2006, ARD

Abelardo lebt illegal in Deutschland. Er hat keine Aufenthaltspapiere, ist ständig auf der Hut vor der Polizei. Abelardo will nicht zurück nach Ecuador in die Slums der Hafenstadt Guayaquil. Dort lebt noch seine Mutter; krank aber nicht krankenversichert. Abelardo schickt ihr Geld für Medikamente.
Seit sechs Jahren schlägt er sich in Deutschland durch. Ein Leben im Schatten, bestimmt von der Suche nach Billigjobs, bei denen keine Papiere verlangt werden. Dann lernt er Ines kennen, eine Deutsche, beim Tanzen, ganz normal. Sie verlieben sich. Aber traut Ines ihm, oder fühlt sie sich ausgenutzt? Als Mittel zum Zweck, um über sie an eine Aufenthaltsgenehmigung zu kommen?
Über eine Millionen Ausländer leben wie Abelardo illegal in Deutschland. Mehr als ein Jahr lang haben Mauricio Estrella und Antonio Uscátegui zwei Familien beobachtet, denen das tägliche Versteckspiel aus Angst vor Abschiebung zur Normalität geworden ist. Die als so genannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ tapfer und auch erstaunlich normal ein Leben meistern, in dem es alles gibt, nur keine Sicherheit.

 

Ein Film von Valentin Thurn, Koautor Stephan Müller
Im Auftrag des NDR in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 29.08.2006, 20:40 Uhr, ARTE

Nominiert für den Deutschen Fernsehpreis als „beste Reportage“
Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig), 2006
Basel_Karlsruhe Forum (BaKaFORUM), Basel, Schweiz, 2007
Gold Panda Awards, Sichuan TV Festival, China, 2007

Zacarias Moussaoui ist der einzige Attentäter, der wegen der Anschläge am 11. September 2001 vor Gericht gestanden hat – es war ein Symbolprozess für die USA. Im Mai 2006 wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Bis an sein Lebensende soll er keinerlei Außenkontakte haben.
Ist er der sogenannte 20. Attentäter, der ein Flugzeug in das Weiße Haus steuern sollte? Oder nur ein psychisch kranker Möchtegern-Verschwörer? Fest steht, dass er vier Wochen vor den Anschlägen auf das World Trade Center und auf das Pentagon verhaftet wurde, als er das Fliegen einer Boeing 747 erlernen wollte. Und fest steht auch, dass das FBI die Attentate vom 11. September hätte verhindern können, wären Moussaouis Notizbuch und Laptop rechtzeitig durchsucht worden.

Wie kommt ein junger marokkanisch-stämmiger Franzose dazu, sich Al Kaida anzuschließen und in Camps in Afghanistan zum Selbstmord-Attentäter ausbilden zu lassen? In seiner Jugend war er nicht religiös, er liebte Partys und seine Freundin, und manchmal trank er auch Alkohol – bis zu dem Tag, an dem er in London von radikalen Moslem-Predigern zum Djihad bekehrt wurde.
Seine Mutter Aïcha El-Wafi kämpfte während des Prozesses gegen die Todesstrafe für ihren Sohn. Am Rande der Gerichtsverhandlungen lernte sie in den USA Phyllis Rodriguez kennen, die Mutter von Greg, der in den Flammen des World Trade Center getötet wurde. Der Filmemacher Valentin Thurn zeigt in seiner Dokumentation die Entwicklung dieser außergewöhnlichen Freundschaft und zeichnet behutsam die Geschichte der zerrütteten Familie Moussaoui nach. Intensive Interviews mit Freunden und Familienangehörigen, unter anderem mit den beiden Schwestern Moussaouis, werden durch exklusives Bildmaterial ergänzt, das zum Teil noch nie gezeigt wurde – darunter ein privates Video des jugendlichen Zacarias.

Der Film wirft zum fünften Jahrestag der Attentate von New York einen neuen und unbekannten Blick auf einen jungen Franzosen aus Marokko, der durch seinen schwierigen Familienhintergrund und durch die Beeinflussung durch islamistische Kreise zu einem Todespiloten wurde, der letztlich nicht zum Einsatz kam. Er wirft aber auch ein erhellendes Licht auf das Verhalten Moussaouis während des Prozesses, sein Schuldeingeständnis, das er inzwischen wiederrufen hat, sowie auf die Rolle der Justiz in den USA und den Wunsch vieler Amerikaner, den einzigen Attentäter, der vor Gericht gestanden, auch zu verurteilen.

 

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 16.05.2006, 22:15 Uhr, in der Reihe „37°“, ZDF

Leihmutterschaft ist verboten – so steht es im Gesetz. Doch in der Anonymität des Internets blüht der Schwarzmarkt. Dort stoßen Hildegard und Anton auf Sarah. Die Zeugung ihres Kindes geschieht auf einer Toilette, mit Hilfe einer Klistierspritze. Hildegard und Anton erzählen niemandem davon, nicht einmal ihren Eltern. Ganz heimlich soll das Kind zur Welt kommen.

Auch Sarah, die für ihre Leihmutterschaft eine beträchtliche Summe Geld bekommt, verheimlicht ihre Schwangerschaft vor ihren Eltern. Sie weiß, dass die Eltern niemals damit einverstanden wären. Sarah erzählt von den Vertragsbedingungen, die sie mit Anton ausgehandelt hat und bemüht sich, jede emotionale Beziehung zu dem Baby in ihrem Bauch zu unterdrücken. Ganz einfach ist das nicht, denn immerhin ist sie ja die genetische Mutter des Babys. Endlich ist es soweit, die Entbindung steht bevor.
Doch als der ersehnte Anruf „Das Baby ist da“ bei Hildegard und Anton ankommt, findet eine Übergabe des Kindes nicht statt. Hilde und Anton sind offensichtlich einer Betrügerin zum Opfer gefallen. Es wird nie geklärt, ob Sarah ihr Baby selbst behalten wollte oder es einem anderen Paar verkauft hat: die Leihmutter bleibt unauffindbar. Ein solches Betrugsrisiko wollen Hildegard und Anton nicht noch einmal eingehen. Sie beschließen, in der Ukraine eine Leihmutter zu suchen und werden in Kiew fündig. In der Ukraine ist Leihmutterschaft erlaubt und es gibt einen regelrechten Leihmutterschaftstourismus. Auch Ole und Ingrid sind schon vor Monaten nach Kiew gereist, um eine Leihmutter für ihr Baby zu finden. Das Paar ist überzeugt davon, nichts Unrechtes zu tun.

Bei den meisten Leihmutterschaften kommt die Eizelle von einer fremden Frau, nur der Mann ist durch seine Samenspende auch der genetische Vater des Kindes. Bei Ingrid und Ole ist das anders. Das Kind ist genetisch ganz und gar ihr Kind, die Leihmutter hat es nur ausgetragen. Beim Notar tritt sie alle Rechte an dem Baby an Ole und Ingrid ab. Überglücklich reisen Ole und Ingrid mit ihrem Kind, das vor Ort noch offiziell als ihr leibliches Kind ausgewiesen wird, nach Deutschland zurück.
Diana und Steffen finden ihre Leihmutter in Südafrika. Auch dort sind Leihmutterschaften legal, und die Befruchtung wird in einer Klinik durchgeführt. Diana und Steffen gehen offen mit der geplanten Leihmutterschaft um und haben es bereits der Familie, Nachbarn und Arbeitskollegen erzählt. Sie sind davon überzeugt, dass die deutschen Jugendämter nichts dagegen unternehmen können, wenn sie das Baby nach südafrikanischem Recht adoptieren.
„37º“ erzählt von den drei Paaren und fragt nach der Verantwortung für ein Kind, das durch Leihmutterschaft geboren wird. Dessen Identitätsfindung kann durch das Wissen um seine verschiedenen Mütter ein lebenslanges Problem sein.

 

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag von ARTE

Erstausstrahlung: 10.01.2006, 20:40 Uhr, Themenabend: „Arme Kinder“, ARTE

Armut in der reichen EU – Für viele Kinder bedeutet das vielfältige Benachteiligungen. Zuerst bei der Bildung: Sie haben schlechtere Leistungen in der Schule, brechen häufiger die Schule ab. Oder bei der Gesundheit: Sie sind öfter krank als Kinder aus besser gestellten Familien, und bei den materiellen Möglichkeiten: Oft ist kein Urlaub möglich. Allerdings – dies zeigte sich in Deutschland ebenso wie in England und Frankreich – wenn Eltern wenig haben, dann kratzen sie doch alles verfügbare Geld zusammen, um wenigstens Geschenke für die Kinder kaufen zu können, schnüren lieber den Gürtel enger, sparen beim Essen oder dem Auto und wollen um jeden Preis vermeiden, dass ihre Kinder die Armut als Einengung erleben.

Die Regierungen helfen dabei in unterschiedlichem Maß: Am schlimmsten ist die Situation immer noch in England, allerdings ist es der Regierung in den letzten 5 Jahren gelungen, die einstmals höchste Rate von Kinderarmut ganz Europas um ein Viertel zu reduzieren. Milliardensummen werden in die frühkindliche Bildung gepumpt, um Chancengleichheit bereits im Vorschulalter zu ermöglichen. Ganz anders die Situation in Deutschland. Waren die sozialen Ungleichheiten in der Vergangenheit relativ abgefedert, so bewegt man sich konstant auf das britische Niveau hinab. Frankreich steht geringfügig besser da, aber auch hier sorgt die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit für eine dauerhaft hohe Kinderarmut.

Ein großer Kontrast allerdings in Skandinavien, zuvorderst in Dänemark, wo es so gut wie keine Armut bei Kindern und Familien gibt. Was machen die Dänen besser? Der Film führt durch vier Länder Europas und sucht nach Antworten, wo Armutsbekämpfung ansetzen kann und welche Modelle erfolgversprechend sind.

 

Ein Film von Valentin Thurn und Kadriye Acar
Im Auftrag vom NDR

Erstausstrahlung: 02.08.2005, 20:40 Uhr, ARTE

Fatma Bläser wurde von ihrer eigenen Familie mit dem Tode bedroht, weil sie sich weigerte, den für sie ausgesuchten Mann zu heiraten, und dann noch zu ihrem deutschen Freund flüchtete. Dort belagerten Brüder und Onkel das Haus, sechs Wochen lang, und trachteten ihr nach dem Leben, um die Familienehre zu reinigen. Fatma konnte sich verstecken, und hatte über 15 Jahre lang keinen Kontakt zu ihrer Familie, nur heimlich zu ihrer Mutter. Heute ist ihr Vater ein alter Mann. Fatma will sich mit ihm versöhnen. Er ist altersmilde geworden, und doch bereut er nicht, was er und die anderen Männer der Familie damals taten. Fatma ist sich unsicher: Wie wird die Sippe in der Türkei reagieren, die sie damals ausgestoßen hat? Wir begleiteten sie in ihr kurdisches Heimatdorf, 1500 Kilometer von Istanbul entfernt an der ehemaligen Grenze zur Sowjetunion gelegen, und beobachten die vorsichtige Annäherung Fatmas an eine Welt, die einmal ihre Heimat war und heute so fremd ist. Fatma erinnert sich, wie sie als Achtjährige die Steinigung einer Frau beobachtete, die als Ehebrecherin beschuldigt wurde. Sie sucht das Grab, doch wird ihr bedeutet, dass solche „Schandflecken“ weitab in den Bergen verscharrt werden.

Auch Hatun Sürücü wurde von ihrer Familie verstoßen und suchte aus Sehnsucht wieder den Kontakt. Doch ihre Geschichte endet tragisch: Sie wurde von ihren drei Brüdern ermordet. Der Grund: Sie hatte sich von dem Mann getrennt, den ihre Familie für sie aussuchte, und wollte ihren Sohn Can allein aufziehen. Die Tat geschah auf offener Straße in Berlin: Die älteren standen Schmiere, der jüngste Bruder nahm die Pistole und schoss. Oft suchen die Familien die Jüngsten aus, weil sie wissen, dass sie nach dem Jugendstrafrecht milder bestraft werden. Ihre Freunde und Arbeitskollegen können es nicht fassen. Doch die Einwanderung hat die grausame Tradition bis in das Herzen Europas getragen. Auch Hatuns Familie stammt aus dem Südosten der Türkei, wo die Tradition von den Brüdern fordert, auf die Unversehrtheit der Schwestern bis zur Heirat zu achten. Ein Fehlverhalten muss gesühnt werden, weil die Familienehre beschmutzt ist und die Familie Gefahr läuft, von der Dorfgemeinschaft ausgestoßen zu werden. Das spielt selbst im heutigen Berlin noch eine Rolle, denn die Sippen halten engen Kontakt, auch zu den in der Türkei gebliebenen Verwandten.

Ehrenmorde gibt es nicht nur bei Türken und Kurden, sondern auch bei anderen Völkern wie den Albanern. Die Konflikte kündigen sich oft schon über Jahre zuvor an: Ulerika Gashi war mit ihrer Familie aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen, als sie zwei Jahre alt war. Der Vater schlug die Mutter oft, und später auch die vier Töchter, vor allem Ulerika, als sie mit 16 begann sich zu schminken und modische Kleidung zu tragen. Als der Vater erfährt, dass Ulerika einen Freund hat, erdrosselt er sie mit einem Klebeband im Keller des eigenen Hauses und wirft die Leiche in einen Baggersee.
Viele begründen die Ehrenmorde mit dem Islam. Doch in Wirklichkeit steht kein Wort darüber im Koran. Allerdings stellen sich nur wenige Imame offen gegen diese vorislamische Tradition. Doch es gibt Kräfte, die bei Ehrkonflikten helfen: Etwa ein kurdischer Landtagsabgeordneter in Berlin, ein türkischer Kulturverein in Paris und der Verein Rosa e.V. in Stuttgart, der mehrere Mädchen-WG’s unterhält, in der sich junge Frauen verstecken, die vom Familienrat zum Tode verurteilt wurden. Dort, und in einem der streng bewachten Frauenhäuser in Istanbul wird klar, dass Prügel allein nicht reichen, um eine türkische Frau ins Frauenhaus zu treiben, zu groß ist das Gefühl der Schande auch bei den Frauen selbst, die meisten flüchten erst nach dem ersten Mordversuch, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten.

Für ihre in Deutschland, Frankreich und der Türkei gedrehte Dokumentation haben Filmemacherin Kadriye Acar, die als Tochter türkischer Eltern in Deutschland aufwuchs, und ihr Kollege Valentin Thurn mit türkischen, kurdischen und kosovarischen Frauen gesprochen, die sich in anonymen Hochhauswohnungen und streng bewachten Frauenhäusern verstecken, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten. Der Film schildert auch die Geschichten zweier Frauen, die trotz Verstoßung und Morddrohungen nach Jahren wieder den Kontakt zu ihrer Familie suchten – aus einer unstillbaren Sehnsucht nach dem Leben in der Großfamilie. Die eine, Fatma Bläser, die als Kind nach Deutschland kam, konnte sich mit den Angehörigen in ihrem kurdischen Heimatdorf wieder versöhnen. Die andere hingegen, Hatun Sürücü, bezahlte ihren Annäherungsversuch an die Familie mit dem Leben – sie wurde von ihren Brüdern in Berlin auf offener Straße ermordet. Der Film besucht außerdem eines von nur zwei Frauenhäusern in Istanbul und macht deutlich, wie sehr sich die Schicksale der verfolgten Frauen – ob in Berlin oder in Istanbul – ähneln.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 26.04.2005, 21:45 Uhr, ARTE

Hans S. konnte ohne Tabletten nicht mehr schlafen. Er war leitender Angestellter, doch seine Sucht fiel keinem auf, über 17 Jahre lang, bis der Zusammenbruch kam: Erst verlor er seinen Job, dann seinen Führerschein, dann seine Kinder, schließlich wurde er in eine psychiatrische Klinik zum Entzug eingewiesen. Sein Arzt, der ihm die Rohypnol-Tabletten regelmäßig verschrieb, hätte wissen müssen, dass die Pillen abhängig machen. Nachdem Hans S. seine Sucht überwunden hatte, verklagte er seinen Arzt vor dem Schiedsgericht der norddeutschen Ärztekammern, und bekam Recht: Erstmalig in einem solchen Fall wurde dem Patienten eine Entschädigung zugesprochen und ein ärztlicher Kunstfehler verurteilt. Sie wird auch die „stille Sucht“ genannt, weil sie nicht auffällt, aber dennoch sind etwa ebenso viele Menschen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig wie von Alkohol: In Deutschland gibt es über eine Million Tablettensüchtige, in Frankreich sogar drei Millionen. Den schlechtesten Schlaf haben die Hausfrauen: Schon 1967 sangen die Rolling Stones über “Mother’s little helper” – Pillen vom Typ Benzodiazepine.

Bis in die 80er Jahre verschwieg die Pharmaindustrie wider besseren Wissens ihre Suchtgefahren – Ebenso wie sie zuvor die Schädigung von Embryonen durch das Schlafmittel Contergan herunterspielte, und auch die Giftigkeit der Barbiturate. Diese frühen Schlafmittel wurden häufig für Selbstmorde genutzt und sind seit den 60er Jahren verboten. Sie werden heute nur noch in der Schweiz verwendet – Für die dort legale Sterbehilfe. Moderne Schlafmittel wirken nur noch in Kombination mit anderen Drogen tödlich, dafür aber fanden die Junkies schnell heraus, dass die Pillen mit Heroin vermischt einen längeren Rausch ergeben. Und Kriminelle fanden heraus, dass sich Schlafmittel als K.O.-Tropfen und Vergewaltigungsdrogen nutzen lassen. Der Missbrauch lässt sich vor Gericht nur schwer nachweisen, weil die Schlafmittel im Körper schnell abgebaut werden.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 01.02.2005, 20:45 Uhr, ARTE

Jedes sechste Paar in Deutschland wartet vergeblich auf Nachwuchs. Um doch ein Kind zu bekommen, setzen immer mehr Frauen und Männer auf die moderne Fortpflanzungsmedizin. Vor 20 Jahren wurde das erste deutsche Retortenbaby geboren und seither wurden hunderttausende Kinder im Reagenzglas gezeugt, mit hierzulande legalen und bis zu einer bestimmten Anzahl von der Krankenkasse finanzierten Methoden wie der In-Vitro-Fertilisation . Doch wenn diese Versuche fehlschlagen und der Wunsch nach dem eigenen Kind zu mächtig ist, dann nutzen zunehmend unfruchtbare Paare auch in Deutschland verbotene Techniken wie die Eizellspende oder die Präimplantationsdiagnostik und reisen aus diesem Grund ins nahe europäische Ausland.

Susanne und Hans Bünger-Biel Susanne und Hans wollen unbedingt ein Kind. Und das seit Jahren. Weil Susanne auf natürlichem Wege nicht schwanger werden kann, versuchten sie es mit künstlicher Befruchtung . Nach dem siebten Versuch wurde Susanne endlich schwanger. Wieder verlor sie das Kind. Doch sie wollen nicht aufgeben. Um ihre Chancen zu erhöhen, reisen sie nach Belgien: Hier, in der Universitätsklinik von Brüssel, ist es Paaren mit Kinderwunsch erlaubt, per PID das Erbgut der befruchteten Zellen auf eventuelle Gen-Schäden untersuchen zu lassen, eine Methode, die in Deutschland verboten ist. Ines und Christoph haben bereits über zehn Versuche künstlicher Befruchtung hinter sich. Auch sie wollen einfach nicht aufgeben, zu übermächtig ist der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind. Ines ist mittlerweile 45 Jahre alt. Ihr vorerst letzter Versuch führt die beiden in eine Fertilitätsklinik nach Kapstadt/Südafrika, wo sie es mit einer Eizellspende versuchen wollen. Sie ist in Deutschland verboten. Auch für Michaela und Ralf ist eine Eizellspende die letzte Möglichkeit, ein Kind zu bekommen. Sie sind zwar noch jung, dennoch versuchen sie seit Jahren erfolglos, ein Kind zu bekommen. Michaela, die bereits acht Fehlgeburten hinter sich hat, leidet an einer seltenen Erbkrankheit. Um ihrem Wunsch endlich näher zu kommen, reisen sie nach Tschechien. Werden die drei Paare ihren sehnlichsten Wunsch endlich erfüllen können?

Der Filmemacher Valentin Thurn verfolgt mit viel Feingefühl und Rücksicht die oftmals harten Wege der drei Paare zu ihrem Wunschkind. Er erklärt den neuesten Stand der Forschung, beleuchtet die unterschiedlichen Behandlungen der Befruchtung im Labor und fragt nach Nebenwirkungen. Er befragt Klinik-Betreiber in Tschechien oder Südafrika, für die das rigide deutsche Gesetz eine erfreuliche Gewinnsteigerung bedeutet, denn hier werden den verzweifelten Paaren mittlerweile hohe Summen abverlangt. Valentin Thurn gibt einen fundierten Blick auf den Status Quo künstlicher Befruchtung in Deutschland und macht dabei vor allem eins: Er schenkt den Paaren, die sich nichts auf der Welt sehnlicher wünschen als ein Kind, Gehör.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 16.11.2004, 20:45 Uhr, ARTE

Warum schrumpft die Bevölkerung in einigen Ländern Europas stärker als in anderen? Warum gelingt es Frankreich und Schweden, die jungen Familien vom Kinderkriegen zu überzeugen? Bei den deutschen Politikern war eine aktive Bevölkerungspolitik bis in die jüngste Zeit hinein verpönt, zu sehr fühlte man sich an den Mutterkult der Nazis erinnert. Die Folgen sind unübersehbar: In Ostdeutschland werden ganze Hochhausviertel abgerissen, weil die Menschen fehlen. Im Ruhrgebiet steigt der Anteil der Ausländer, weil sie eine höhere Geburtenrate haben. Und die Überalterung droht die Sozialsysteme aus den Angeln zu heben – In spätestens dreißig Jahren wird jeder arbeitende Mensch einen Rentner zu versorgen haben. Um dem demographischen Abwärtssog zu entkommen, arbeiten Kommunen und Unternehmen an Lösungsansätzen.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 26.04.2004, „Die Story“, WDR

Es war der deutsche Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Siegwart-Horst Günther, der 1991 zum ersten Mal auf die höchst gefährlichen Spätfolgen von sogenannten Uran-Geschossen hingewiesen hatte. Während des Golfkrieges wurde diese Munition von der US-Armee tonnenweise verschossen.
Der Film begleitet Günther und seine amerikanischen Kollegen bei ihren Untersuchungen im Kosovo, in Bosnien und im Irak. Überall dort hatten amerikanische Truppen die gefährliche Uran-Munition eingesetzt. Der Film zeigt bislang wenig bekannte Langzeitfolgen unter denen besonders die Kinder in den Kriegsgebieten zu leiden haben. Nach Ende des jüngsten Irak-Krieges entdeckten die Experten in der Umgebung von Basra kontaminierte Kriegsschauplätze, deren radioaktive Verseuchung die natürliche Erdstrahlung um das 20.000fache übertrifft.

Bereits 1991, nach dem Golfkrieg, waren Prof. Günther im Universitäts-Krankenhaus von Bagdad Menschen mit Krankheitssymptomen aufgefallen, die er in den 40 Jahren seiner Arbeit in diesem Land noch nie gesehen hatte. Dabei untersuchte er auch viele missgebildete Säuglinge und Kinder, die meistens nicht lange überlebten und dokumentierte die Fälle. Er diagnostizierte schwere Störungen der Nieren- und Leberfunktion, Krebs sowie genetische Schäden. Nachdem dann bei amerikanischen und britischen Golfkriegsveteranen und ihren Kindern ähnliche Krankheitssymptome auftraten, war für Günther und viele andere Wissenschaftler der Zusammenhang klar. Sie fordern ein umfassendes Verbot dieser Munition, die zur Standard-Bewaffnung der US-Truppen gehört.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 14.03.2004, ARTE

Ben und Meret Becker wurde die Schauspielerei quasi in die Wiege gelegt. Mutter und Vater sind Schauspieler, und sogar ihr Stiefvater Otto Sander. Doch es ist schwer, im Schatten übergroßer Eltern ein eigenes Profil zu entwickeln. Valentin Thurn beobachtete Ben und Meret bei Dreharbeiten und Konzerten und zeigt, wie die Geschwister auf unterschiedlichen Wegen das Ziel einer eigenständigen Künstler-Persönlichkeit erreichten. Jetzt steht sogar eine dritte Generation am Start: Bens Tochter Lilith und Merets Tochter Lulu waren mit dabei und bewegten sich auf dem Set wie die Großen, genauso wie einst Ben und Meret ihre Eltern beim Filmen begleitet hatten.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 22.07.2003, in der Reihe „37°“, ZDF

Christian (14) wurde von seiner Mutter grob vernachlässigt. Sein schwuler Onkel entführte ihn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion und rettete ihn so vor dem drohenden Kinderheim. Damals war er neun. Alles andere als begeistert, verbrachte er die ersten Wochen bei seinem neuen „Vater“ und dessen Freund. Von seinen Klassenkameraden wurde er gehänselt, weil im Dorf alle wussten, dass Christian nun bei den beiden „Schwulen“ wohnte. In dem kleinen Ort in der Eifel gibt es kein Verstecken, und Christian musste Farbe bekennen. Das fiel ihm
zunehmend leichter, weil sich seine beiden neuen „Eltern“ rührend um ihn kümmerten, sodass sogar das zuständige Jugendamt von so viel Fürsorge und elterlicher Kompetenz beeindruckt war. Heute haben sich alle im Dorf schon fast an das etwas andere Familienmodell gewöhnt,
und Christian ist froh, bei seinem Onkel zu sein. Trotzdem ist für ihn mit seinen 14 Jahren klar, dass er sich auf jeden Fall mehr für Mädchen interessiert als für Jungen.
Bei Patricia war es ganz anders, denn die Ehe ihrer Eltern schien glücklich, als eines Tages, Patricia war damals zwölf, ihr der Vater erzählte, dass er sich scheiden lassen wollte.

Nach 18 Jahren Ehe musste er erkennen, dass er seine immer stärker werdenden homosexuellen Neigungen nicht länger abtun konnte. Er hatte sich in einen Mann verliebt. Patricia war fassungslos. Dass sich ihr Vater aus einem solchen Grund von ihrer Mutter trennen wollte, war für Patricia nur schwer zu verkraften. Ihr glanzvolles Vaterbild brach von einem Tag auf den anderen zusammen. Fast ein Jahr lang verschwieg Patricia die „Schande“, die ihr Vater über sie gebracht hatte. Ihre Schwester Carina sprach von Papas neuem Lebensgefährten Bernd sie bei ihren Freunden nur als „Bernadette“, um nach außen den Schein zu wahren. Über ein Jahr verging, bis sie eines Tages vor Wut platzte, als Schulfreunde über Schwule herzogen.

Aus ihrem Erklärungsnotstand, warum sie sich so engagierte, trat sie die Flucht nach vorne an und erzählte von ihrem Vater und seinem Freund. Fast alle Freunde hielten zu ihr. Auch Patricia änderte ihre Einstellung zum Vater allmählich. Die Schwestern zogen zum Vater und leben jetzt mit ihm und seinem Lebensgefährten in Köln.
Valentin Thurn erzählt, wie Jugendliche damit zurechtkommen, wenn Väter plötzlich ganz anders sind, als man es die ganze Zeit über angenommen hat und als es dem gängigen Rollenbild entspricht. Wie verändert sich die Beziehung zwischen Vater und Kind – Wie verändert man sich selbst?

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 10.07.2003, in der Reihe „Weltweit“, WDR

Im Mittelpunkt steht der Cowboy Gerardo und sein Arbeitgeber Cesar Chico. Er besitzt eine Herde Kampfstiere, die den Winter auf ihrer Farm in Andalusien verbringen, im Sommer aber, wenn in Südspanien die Hitze alles verdorrt, in die zentralspanischen Berge ziehen. Um sie zu führen heuert er jedes Jahr einen Trupp Cowboys an. Sie werden von Gerardo angeführt. Wir folgen der Stierherde auf der Wanderung 600 Kilometer quer durch Spanien folgen und erleben dabei den Zusammenprall des alten und des neuen Spanien: Gerardo und seine Cowboys treffen zum Beispiel auf Autobahnen, die die traditionellen Viehwanderwege durchschneiden und die sie mühsam umgehen müssen.

Die Spanier aber sind begeistert von der Wiederbelebung der alten Tradition. Sie begrüßen die Cowboys wie Helden, wenn sie durch ihre Dörfer ziehen, denn Spaniens historische Identität ist eng mit den großen Viehherden verknüpft: Der Ursprung der Cowboy-Kultur liegt in Spanien und wurde erst durch Kolumbus und seine Nachfolger nach Amerika gebracht. Auch der Stierkampf entstand auf der Viehweide, als Zeitvertreib für die Cowboys. Die Toros Bravos, wie die Spanier ihre Kampfstiere nennen, werden möglichst aggressiv gezüchtet. Im Alter von vier Jahren werden die mutigsten Bullen in die Stierkampf-Arenen verkauft, für bis zu 5000 Mark. Die Rinderrasse hat den Wandertrieb noch in den Genen. Cowboy Gerardo muss ihnen nicht zeigen, wo der Weg entlang führt. Schon Kilometer vor der nächsten Wasserstelle beschleunigt sich ihr Schritt, die Rinder wissen genau, wo das Wasser ist.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR
Erstausstrahlung: 31.01.2003, SWR / WDR / BR alpha

Über 160 Millionen Jahre dominierten die Dinosaurier das Leben auf der Erde. Dann verschwanden sie in einem Zeitraum von wenigen hunderttausend Jahren von unserem Planeten, und mit ihnen mehr als die Hälfte der damals lebenden Tiere. Warum starben sie aus? Und warum so viele Arten auf einmal? Viele Wissenschaftler vermuten, dass ein gewaltiger Meteoriteneinschlag das Massensterben ausgelöst hat. Andere glauben eher an eine Reihe von verheerenden Vulkanausbrüchen.
Das Ende der Dinosaurier kam plötzlich, glaubt man der bekanntesten Theorie. Vor 65 Millionen Jahren kollidierte ein Meteorit aus dem Weltall mit der Erde. Als der zehn Kilometer große Brocken auf die Erdoberfläche prallte, war seine Aufschlagskraft 10.000 Mal so stark wie die Explosion aller heute existierenden Atomwaffen. Er schleuderte Ruß und Staub in die Atmosphäre. Folge: Der Himmel verdunkelte sich, das Klima kühlte ab und die kaltblütigen Dinosaurier erfroren, oder ihre Eier konnten sich in dem kühlen Klima nicht mehr entwickeln.

Reste des Killer-Meteoriten wurden an der Küste der mexikanischen Halbinsel Yucatan gefunden – vom 200 Kilometer breiten Krater ist allerdings heute nichts mehr zu sehen, weil er von jüngeren Gesteinsschichten überdeckt wurde. Dass dieser Meteorit das Weltklima veränderte, scheint das Metall Iridium zu beweisen, auf der Erde sehr selten, aber oft in Meteoriten enthalten. Iridium wurde in Gesteinsschichten rund um den Globus gefunden, und zwar genau an der Grenze zwischen Kreidezeit und Tertiär.
Das seltene Metall könnten allerdings auch aus einer anderen Quelle stammen, denn Iridium wird auch von Vulkanen ausgestoßen. Und davon geht die zweite Theorie zum Aussterben der Dinosaurier aus, die in der Wissenschaft zunehmend Anhänger findet: Lang anhaltende Vulkanausbrüche schleuderten gewaltige Mengen Schwefel, Kohlendioxid und Staub in die Atmosphäre und sorgten für eine globale Verdunkelung und Abkühlung. Standort des Mega-Vulkans: Zentralindien. Dort findet man heute das riesige Hochland von Dekkan, dessen Vulkangestein genau 65 Millionen Jahre alt sind.
Für die Vulkan-These spricht, dass andere bekannte Einschläge von Meteoriten wie zum Beispiel im Nördlinger Ries (Bayern) kein weltweites Massensterben auslösten, sondern nur kurzfristig und regional begrenzt Verwüstungen auslösten. Vulkane hingegen könnten über mehrere 100.000 Jahre eine stetige Staub- und Gasquelle gewesen sein. Schließlich starben die Dinosaurier nicht plötzlich aus, wie bei einem Meteoriten-Einschlag zu erwarten, sondern in einem langen Zeitraum von über 500.000 Jahren, etwa eben so lang wie die Vulkane in Indien aktiv waren. In der Erdgeschichte gibt es weitere Beispiele für apokalyptische Vulkanausbrüche, zum Beispiel am Ende des Perm, als das riesige Vulkanplateau in Nordsibirien entstand. Damals starben die Trilobiten aus, eine Krebs-Familie, die zuvor praktisch die Weltmeere beherrschte.
Dass der Killer-Meteor so populär ist, liegt wohl daran, dass er spektakulär ist: Im Zuge der Dino-Mode ließ sich die Katastrophen-Theorie einfach besser vermarkten, zum Beispiel im Dinosaurier-Film von Walt Disney. Da siegt die Lust des Menschen an der Apokalypse.

Warum die Klimakatastrophe am Ende der Kreidezeit andere Tiergruppen wie die Säugetiere überlebt haben, aber kein einziger Dinosaurier, wissen die Forscher letztendlich noch nicht. Früher nahmen sie an, dass die Dinosaurier erfroren, weil sie wechselwarm waren, das heißt, ihre Körpertemperatur war von der Temperatur ihrer Umgebung abhängig. Die Säugetiere hätten demnach überlebt, weil sie warmblütig waren. Doch heute weiß man, dass diese Annahme mehr als fragwürdig ist. Schließlich haben auch andere wechselwarme Echsen die Kreidezeit überlebt. Und am heutigen Kältepol der Erde in Sibirien ist die einzige dort lebende Wirbeltier-Art ein Salamander – Wahrhaft kein Warmblütler. Außerdem gibt es Hinweise, dass einige Dinosaurierarten warmblütig gewesen sein könnten.

Das führt zu der Frage: Was wäre eigentlich passiert wenn die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren nicht ausgestorben wären? Der Paläontologe Dr. Michael Maisch von der Universität Tübingen vermutet, dass es in diesem Fall heute wohl keine Menschen geben würde. Denn: „Die Dinosaurier hatten über 100 Millionen Jahre die Nase vorn und ließen die Säuger nicht hochkommen.“ Das Fazit des Wissenschaftlers: Wären sie nicht ausgestorben, dann würden heute vielleicht intelligente Dinos die Welt beherrschen, und nicht die Menschen.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag von ARTE

Erstausstrahlung: 07.11.2002, ARTE

„Glückliche Hausfrau räumt Millionen ab“ – „Grundschullehrer stolpert über Viertklässler-Frage. Eine Blamage für die ganze Schule“ Das ist der Stoff, aus dem die neuen Boulevardschlagzeilen sind. Helden und Deppen werden heutzutage in Bruchteilen von Sekunden medial ermittelt: Lichtblick oder Black Out! – Gewinner oder Verlierer!

Einmal Kandidat sein in einer Quizshow im Fernsehen: Diesen Traum verwirklichten sich Sybille, 28, und Jean-Pierre, 72. Sybille Longlez, 28 Jahre, alleinstehend, schaut gemeinsam mit ihrer Mutter die Quizshows im Fernsehen, und beide raten mit.
Jean-Pierre ist ein „mordu“, wie die Franzosen sagen würden, ein „Gebissener“, der fast jeden Abend bei einem anderen Quiz-Club verbringt, wo die Fernsehshows nachgespielt werden – mit eigenen Fragen. Und warum? „Nachdem man mich zum vorzeitigen Ruhestand gedrängt hat, wollte ich den jungen Spunden mal zeigen, dass ich nicht zum alten Eisen gehöre“, meint Jean-Pierre.
Bei Sybille war es die Mutter, mit der sie täglich die Quizsendung „Questions Pour Un Champion“ sieht, die sie zur Bewerbung drängte. Jean-Pierre hat sich schon sieben Mal vergeblich beworben. Beide schaffen den strengen Test und setzen sich gegen über 100 Kandidaten aus ganz Belgien durch. Doch im Studio in Paris sind die Bedingungen härter: Jean-Pierre hat in der Nacht zuvor im Hotel so gut wie nicht geschlafen. Und Sybille ist mit den Nerven am Ende. Zum Glück haben beide eine Unterstützung im Publikum sitzen.

Die Reportage wird die Kandidaten begleiten, nach Motivationen fragen, die Vorbereitungen festhalten, die in der Familie, im Freundeskreis getroffen werden. Wir werden dabei sein, wenn es ins Studio geht, wenn die Kandidaten noch einmal gebrieft werden, wenn die persönliche Anspannung von Stunde zu Stunde wächst, bis zum Zeitpunkt, wenn es heißt „Wir sind auf Sendung!“ – natürlich nicht ganz unbeobachtet…

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 17.06.2002, WDR

Die Uhren, die bei den 150 verkohlten Leichen gefunden wurden, zeigen alle dieselbe Zeit: 9 Uhr 11. Der Brand muss sich in dem engen Tunnel so blitzartig ausgedehnt haben, dass die Fahrgäste der Kapruner Gletscherbahn auf einen Schlag erstickten und verbrannten – auch diejenigen, die bis zu 142 Meter auf der Nottreppe nach oben rannten.

Wie kam es zu dem Blitzbrand, bei dem nur zwölf Fahrgäste überlebten, weil sie die Scheiben mit ihren Skistöcken durchschlugen? WDR-Autor Valentin Thurn sprach mit Überlebenden, die von zwei Explosionen berichten. Er besichtigte den Unglückszug und fand einen runden Stahltank, den die Wucht einer Explosion zerbarst. Er enthielt Hydrauliköl für die Notbremse. Die Gletscherbahn selbst hat mit einem Brand überhaupt nicht gerechnet, wie ihr technischer Direktor erklärte. Deshalb gab es in den Fahrgastabteilen weder Nothämmer noch Feuerlöscher, und im Tunnel weder Notbeleuchtung noch Entlüftung. Die Gletscherbahn schiebt die Verantwortung auf den Hersteller der Seilbahn, der einen fehlerhaften Heizlüfter und eine Karosserie aus Plastik einbaute. Der wiederum schiebt die Schuld auf den TÜV, der den Brandschutz nicht prüfte. Dieser seinerseits schiebt die Schuld auf das Verkehrsministerium, das vergaß, entsprechende Vorschriften zu erlassen. Ein System der Schlamperei. Bei dem gut verdient wird: Dieser Winter war ein Rekord-Winter, mehr Skifahrer als je zuvor machten in Österreich Urlaub. Auch in Kaprun scheint das Unglück vergessen, die Hotels sind ausgebucht, und die Skifahrer werden jetzt mit der eilig nach dem Unglück gebauten Gondelbahn auf den Gletscher befördert.

Beim Prozess gegen 16 Verantwortliche in Salzburg können die Angehörigen der Toten nach österreichischem Recht nur wenige Tausend Euro Schmerzensgeld erwarten. Der New Yorker Staranwalt Ed Fagan überzeugte die meisten von ihnen, deshalb in Amerika zu klagen. Der drohende milliardenschwere US-Prozess könnte ein Präzedenzfall für andere Großunfälle in Europa werden.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag der ARD

Erstausstrahlung: 20.06.2001, ARD

Als Barbara mit Mitte 20 feststellt, dass sie Frauen liebt, verabschiedet sie sich vorerst von einem Lebenstraum – dem Wunsch ein Kind zu bekommen. Erst allmählich reift der Gedanke: es geht auch ohne Mann. Zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Irmgard fährt sie in eine holländische Klinik und kauft Spendersamen. Das Abenteuer lesbische Mutterschaft kann beginnen.

Neun Monate lang haben Ursula Ott und Valentin Thurn die beiden künftigen Mütter begleitet. Fuhren mit in die Samenbank, um Sperma zu kaufen – in Deutschland für nicht verheiratete Frauen verboten, in Holland gang und gäbe. Waren dabei, als die beiden Frauen im heimischen Wohnzimmer die einzelnen Samen-Proben zur Vorratshaltung in stickstoffgekühlte Spezialbehälter umfüllten und ließen sich erklären, wie man die künstliche Befruchtung zuhause durchführt. Sie begleiteten das Lesbenpaar zur Frauenärztin und zum Ultraschall, in die Szenedisco und zum Lesben-Volleyball-Turnier, zur Anwältin und zum Pfarrer, und schließlich an das Wochenbett. Ihren Vater kann die kleine Lili erst kennen lernen, wenn sie 16 ist, dazu muss sie Kontakt mit der Samenbank aufnehmen – die Mütter allerdings wissen vom holländischen Samenspender nur, dass er weiße Hautfarbe hat, dunkle Haare und weder AIDS noch Hepatitis.

Trotz neuer Gesetze stoßen die beiden Frauen und ihr Baby in Deutschland noch auf erhebliche Vorbehalte: Zwar kann Irmgard sich per Vertrag verpflichten, dem Kind ein Leben lang Unterhalt zu bezahlen. Doch Rechte bekommt sie dafür kaum: Weder kann sie das Kind als „Stiefmutter“ adoptieren, noch kann sie sicher sein, dass sie im Falle der Trennung das Kind weiterhin besuchen darf.
Längst handelt es sich nicht mehr um das Randproblem einer gesellschaftlichen Randgruppe. Heute wachsen in Deutschland rund 1,5 Millionen Kinder bei homosexuellen Eltern auf, schätzt die Berliner Senatsbeauftragte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Lela Lähnemann. Die meisten stammen aus dem heterosexuellen „Vorleben“ der inzwischen lesbischen Mütter, immer mehr entstehen jedoch durch Insemination. Der Münchner Familienforscher Professor Wassilios Fthenakis hält diese Zahl sogar für untertrieben, denn in den USA leben bereits 10 Millionen Kinder bei homosexuellen Eltern. Und sie leben nicht schlechter als in „traditionellen“ Familien, so Fthenakis, der auch die Bundesregierung berät: „Wir haben bei der kindlichen Entwicklung keine Unterschiede feststellen können.“ Weder würden diese Kinder später verhaltensgestört – noch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie selber schwul oder lesbisch werden.

Nachbarn und Lehrer haben sich an die bunten neuen Familien vielerorts schon gewöhnt. Zum Beispiel in Monschau in der Eifel, wo zwei schwule Männer auf einem ehemaligen Bauernhof, zwischen Gänsen, Hasen und Enten, liebevoll ihren Pflegesohn Christian aufziehen. Unterstützt werden sie von den Nachbarn im Dorf –und vom Jugendamt. „Die beiden haben eine tragfähige Beziehung und bieten dem Kind ein stabiles Zuhause, das es lange nicht hatte“, lobt die Familienpflegerin des Jugendamtes. Sie kann sich sogar vorstellen, dem schwulen Paar ein zweites Pflegekind zu vermitteln.
Oder jene Großfamilie aus zwei schwulen Vätern und zwei lesbischen Müttern, die gemeinsam zwei Töchter großziehen. Meist leben die Kinder bei den Mamas, Wochenenden und Urlaube verbringen sie oft mit den Papas – und finden es wunderbar. Mia (9): „Ich habe zwei Mamas und zwei Papas zuhause, die anderen Kinder haben immer nur einen.“

In guten Zeiten sind diese neuen „Regenbogenfamilien“ ein spannendes gesellschaftliches Experiment. In schlechten Zeiten jedoch spielen sich menschliche Dramen ab. Denn auch homosexuelle Liebe kann zerbrechen, und der nicht-leibliche Elternteil ist dann vollkommen rechtlos. So wie die Sozialarbeiterin Sigrid, die vier Jahre lang das gemeinsam geplante Baby ihrer Freundin betreute und nach der Trennung keine Chance hat, den kleinen Janek jemals wiederzusehen. „Ich liebe dich bis zum Mond und zurück“, grüßt sie ihn an seinem Geburtstag übers Kinderfernsehen. Doch die Gerichte haben entschieden: Keine verwandtschaftliche Beziehung, keine Rechte.
Die Gesetze hinken der gesellschaftlichen Realität hoffnungslos hinterher. Noch vor ein paar Jahren konnten sich Homosexuelle nicht vorstellen, überhaupt Kinder zu bekommen – „heute sitzen sie in der Kneipe und kriegen große Ohren, wenn’s ums Kinderkriegen geht“, sagt Ingo Wolf, schwuler Vater in Berlin. Dort gibt es sogar schon eine Agentur, die lesbische Frauen an schwule Männer mit Kinderwunsch vermittelt.750 Interessenten hat „Queer&Kids“-Inhaberin Susan Darrant schon beraten. Sie ermittelt per Fragebogen, wer zu wem passt: „Homo, bi oder hetero? Gemeinsames oder getrenntes Sorgerecht? Zusammenwohnen oder nicht?“ Die ersten so entstandenen Babys werden dieses Frühjahr zur Welt kommen.

Politiker und Kirchenvertreter stehen diesen neuen Familien noch relativ hilflos gegenüber. Ist homosexuelle Elternschaft „unnatürlich“, wie Norbert Geis (CSU) meint ? Fehlt Kindern mit zwei schwulen Vätern die „mütterliche Brust“, wie Hanna-Renate Laurien vom Zentralkomitee der Katholiken Deutschlands befürchtet ? Oder müssen Kinder aus homosexuellen Beziehungen zumindest dieselben Rechte haben wie Kinder von Alleinerziehenden, wie Volker Beck (Grüne) fordert ? Das Gesetz zur „Homo-Ehe“ jedenfalls, das Beck auf den Weg gebracht hat, regelt die Kinderfrage so gut wie gar nicht. Dass zwei Homosexuelle auf Standesamt gehen, war mit der SPD gerade noch zu machen, doch dass sie jetzt auch noch Kinder wollen, ging zu weit.

Zeitraum: 2000 - 2010

Ein Film von Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN

Erstausstrahlung: 20.10.2010, 23:30 Uhr, ARD
Wiederholung: 06.08.2015, Phoenix

Unterstützt von MEDIA (EU-Kommission), Evangelischer Entwicklungsdienst (EED), KOCCA (koreanische Filmförderung).
Redaktion: Angelika Wagner (WDR), Andrea Ernst (WDR), Dirk Neuhoff (NDR) und Babeth Vanloo (BOS)
Die internationale Fassung (55 Minuten) lief in den Niederlanden (BOS), Schweden (SVT), Irland (TG4), Spanien (TV3), Litauen (LVT), Finnland (YLE), Schweiz (TSR), Norwegen (NRK), Zypern (CYBC), Griechenland (ERT), Süd-Korea (CREO) und in weiteren Ländern (Liste wird aktualisiert).

Die Kurzfassung (29 Minuten) lief im WDR-Fernsehen unter dem Titel „Essen im Eimer“ am 25.10.2010 und im NDR-Fernsehen am 26.10.2010

Mehr als die Hälfte unserer Lebensmittel landet im Müll! Das meiste schon auf dem Weg vom Acker in den Laden, bevor es überhaupt unseren Esstisch erreicht: jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Das entspricht etwa 500.000 Lkw-Ladungen pro Jahr. Regisseur Valentin Thurn hat das Ausmaß dieser Verschwendung international recherchiert – in den Abfall-Containern der Großmärkte, Lagerhallen und Supermärkte. Dokumentiert hat er überwältigende Mengen einwandfreier Nahrungsmittel, teilweise noch original verpackt, oft auch mit noch gültigem Mindesthaltbarkeitsdatum. Bis zu 20 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jedes Jahr allein in Deutschland weggeworfen. Und es werden immer mehr!
Auf der Suche nach den Ursachen spricht Valentin Thurn mit Supermarktmanagern, Bäckern, Großmarkt-Inspektoren, Ministern, Bauern und EU-Politikern.
Was er findet, ist ein weltweites System, an dem sich alle beteiligen. Alles soll jederzeit verfügbar sein, Supermärkte bieten durchgehend die ganze Warenpalette an, bis spät in den Abend muss das Brot in den Regalen frisch sein, zu jeder Jahreszeit gibt es Erdbeeren. Und alles muss perfekt aussehen: Ein welkes Salatblatt, ein Riss in der Kartoffel, eine Delle im Apfel – sofort wird die Ware aussortiert. Joghurtbecher landen schon zwei Tage, bevor ihr Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft, im Müll.
Dass die Hälfte der bereits produzierten Lebensmittel zu Abfall wird, wirkt sich verheerend auf das Weltklima aus. Die Landwirtschaft verschlingt riesige Mengen an Energie, Wasser, Dünger, Pestiziden und rodet den Regenwald, sie ist damit für mehr als ein Drittel der Treibhausgase verantwortlich. Wenn Nahrungsmittel auf der Müllkippe verrotten, entweicht zusätzlich Methangas, das sich auf die Erderwärmung 25mal so stark auswirkt wie Kohlendioxid.
Der Wunsch der Konsumenten, über alles jederzeit verfügen zu können, verschärft auch den weltweiten Hunger. Die steigenden Weizenpreise belegen es: Heute kaufen die Industrieländer ihre Lebensmittel auf dem Weltmarkt, ebenso wie die Entwicklungsländer. Würden wir weniger wegwerfen, müssten wir weniger einkaufen; die Preise fielen und es bliebe mehr für die Hungrigen.
Aber es geht auch anders: Valentin Thurn findet weltweit Menschen, die die irrsinnige Verschwendung zu stoppen versuchen: so genannte Mülltaucher, die Nahrungsmittel aus den Abfall-Containern der Supermärkte retten, Supermarkt-Direktoren, die ihre Kunden davon überzeugen, weniger klimaschädliche Produkte zu kaufen, Verbrauchervereine, die Bauern und Kunden direkt zusammenbringen. Kleine Schritte, die aber viel bewirken könnten: Wenn wir in den Industrieländern die Lebensmittelverschwendung nur um die Hälfte reduzieren, hätte das auf das Weltklima denselben Effekt, als ob wir auf jedes zweite Auto verzichten.

Ein Film von Britta Dombrowe
Im Auftrag des ZDF
Erstausstrahlung: 08.10.2010, 22:40 Uhr, ARTE

Statistisch gesehen gibt es sie gar nicht, die Intersexuellen. In die Geburtsurkunde muss innerhalb der ersten Woche nach der Geburt eingetragen werden: Junge oder Mädchen – sonst wird sie gar nicht ausgestellt. Und ohne die Geburtsurkunde gibt es keinen Pass, kein Kindergeld, keine Einschulung. Bei einem uneindeutigen Genital raten viele Mediziner zu einer geschlechtsangleichenden Operation. Das Problem dabei: Niemand kann voraussagen, als was sich das Kind später fühlen wird: Als Mann oder als Frau?
Während der Schwangerschaft waren sich Andrea und ihr Mann Nico einig: „Ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, war uns egal. Daß es beides zugleich sein könnte, auf den Gedanken sind wir nie gekommen!“ Drei Monate zu früh kommt ihr Baby auf die Welt. „Bei der Entbindung sagte mir die Hebamme, es ist ein kleiner Junge!“ erinnert sich Andrea, „als dann mein Mann ins Krankenhaus kam, sagte der Arzt zu ihm, es sei ein kleines Mädchen!“ Ihr Kind hat eine Scheide, eine Gebärmutter, im Bauchraum liegende Hoden und einen kleinen Penis. Untersuchungen zeigen, dass die Geschlechtschromosomen ein XY aufweisen, also männlich sind.
Doch das biologische Geschlecht eines Menschen ist auf verschiedenen Ebenen ablesbar: Über die Chromosomen, die Hormone und die Geschlechtsorgane. Bei einer normalen Entwicklung stimmen diese Faktoren überein, bei Intersexualität stehen sie im Widerspruch. Es gibt über 25 unterschiedliche Diagnosen und jedes 5000. bis 3000. Neugeborene ist betroffen.

Erst in den vergangenen Jahren hat die Wissenschaft mit Hochdruck begonnen, die Ursachen und Auswirkungen von Intersexualität zu erforschen: Der neue Fachbegriff lautet nun DSD – Disorder of Sexual Developement: „Störung“ der Geschlechtsentwicklung. Allerhöchste Zeit, denn seit den 50er Jahren folgt die Medizin den Thesen des amerikanischen Psychologen John Money, der allein die Erziehung für ausschlaggebend hielt. Damit das Umfeld aber eine klare geschlechtsspezifische Erziehung vornehmen kann, braucht das Kind einen eindeutigen Körper: Säuglinge kommen auf den OP-Tisch.
Mit Hilfe der Chirurgie kann weggenommen werden, was zuviel ist oder Fehlendes hinzugefügt werden. Die Hormontherapie leistet ihr übriges. Doch oftmals werden im Parforceritt zur sexuellen Eindeutigkeit die Zeichen nicht richtig gelesen oder überhaupt nicht erkannt. Wer will über das Geschlecht der Säuglinge entscheiden, wenn nicht absehbar ist, wie sie sich später als heranwachsende Menschen fühlen und entwickeln werden? Wie sie leben möchten?
Auch Erkenntnisse aus der Hirnforschung werden noch nicht berücksichtigt. Aber gerade im Falle eines intersexuellen Genitales liefert das Gehirn wichtige Hinweise, so der Hirnforscher Dirk Swaab: „Man muss warten bis das Gehirn anfängt in einer geschlechtlich differenzierten Weise zu arbeiten. Nur vom Verhalten eines Menschen können wir ableiten, ob er ein männliches oder weibliches Gehirn hat.“
Die Intersexuelle Christiane Völling (50) hat jahrzehntelang unter der Diskrepanz zwischen Körper und Gefühlen gelitten. Bei ihrer Geburt wurde das Mädchen auf Grund einer vergrößerten Klitoris dem männlichen Geschlecht zugewiesen. Eine Hormonbehandlung mit Testosteron folgte. Die spätere Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken wurden ihr als Tumorentfernung verkauft. Erst dreißig Jahre nach der Operation erfährt sie aus den Akten, dass man ihr damals ihre Weiblichkeit genommen hat. 2008 verklagt sie ihren ehemaligen Chirurgen – das Gerichtsverfahren sorgt für Aufmerksamkeit.

Die Eltern von Inge haben das Glück, dass sie von den Ärzten nicht dazu gedrängt wurden, eine „geschlechtsangleichende“ Operation vornehmen zu lassen. Sie wollen die Entscheidung möglichst lange hinauszögern:
„Wir ziehen unsere kleine Inge als Mädchen auf, aber es kann gut sein, dass sie in der Pubertät, wenn ihre männlichen Keimdrüsen zu arbeiten anfangen, eher zum jungen Mann wird. Wir versuchen sie so normal wie möglich zu erziehen. Bei rosa Kleidchen bin ich doch zurückhaltend. Ich denke immer, vielleicht will sie später als Mann leben und dann sind ihr Bilder in einer solchen Aufmachung bestimmt peinlich.“
Die Dokumentation der Filmemacherin Britta Julia Dombrowe nähert sich dem Leben der Betroffenen in intensiven Interviews und zeigt gleichzeitig den aktuellen Stand der Forschung: Ein französischer Chirurg, der Kinder zur Eindeutigkeit operiert, erklärt seine Motivation die Kinder vor einer grausamen Gesellschaft zu „bewahren“. Inges Lehrerin erzählt uns, wie die Kinder damit umgehen, dass Inge Junge und Mädchen ist. Neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung machen deutlich: Geschlecht entsteht im Gehirn und nicht zwischen den Beinen.
Über die Lebenswege von Intersexuellen, aber auch über den Umgang mit ihnen in Wissenschaft und Medizin wissen wir wenig. Dass es weit mehr als Mann und Frau gibt, darum geht es in diesem Film.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Rahmen des Arte-Themenabends „Tatort Krankenhaus“

Erstausstrahlung: 20.04.2010, 21:15 Uhr, ARTE
Link zum ARD-Bericht

Viele Kinofans feierten Gérard Depardieus Sohn Guillaume als größte Nachwuchshoffnung des französischen Films. Doch es kam anders. 1995 musste der 24-Jährige nach einem Motorradunfall am Knie operiert werden. Während des Eingriffs drang der Krankenhauskeim MRSA in die Wunde. Eine endgültige Heilung gab es nicht, weder durch 17 Operationen noch mittels Antibiotika. 2003 schließlich traf Guillaume Depardieu eine harte Entscheidung. Um seinen unerträglichen Schmerzen ein Ende zu bereiten, ließ er sein rechtes Bein amputieren.
Im Kampf gegen die Killerkeime gründete der Schauspieler die „Stiftung Guillaume Depardieu“ und machte in Talkshows auf unhaltbare Zustände in französischen Krankenhäusern aufmerksam. Er drohte dem Gesundheitsminister mit einem „Kreuzzug“, wenn die Regierung nicht gegen die Zustände in den Krankenhäusern vorgehe. Bald musste er feststellen, dass ihn die Masse der Anfragen überforderte. Sein Lebenswerk übergab er dem Patientenschutzverband „Lien“ und konzentrierte sich auf seine Karriere. Während er sich zu Dreharbeiten in Rumänien aufhielt, erkrankte er an einer Lungenentzündung. Plötzlich ging alles ganz schnell. Am 13. Oktober 2008 starb Guillaume Depardieu im Alter von 37 Jahren.
Was ist sein Vermächtnis? Seine zornigen Auftritte im Fernsehen schärften das öffentliche Bewusstsein für die Gefahr der gegen Antibiotika resistenten Keime in Frankreich und sorgten für politischen Druck. Das Gesundheitsministerium, das zuvor nur ungern Zahlen zum Problem veröffentlichte, änderte 2003 seinen Kurs. Seither werden die Erkrankungen landesweit erfasst und publiziert. Und Patienten können nachlesen, wie aktiv ihr Krankenhaus im Kampf gegen die Killerkeime mitwirkt.

Die Reform zeigt heute Wirkung: Als einziges europäisches Land konnte Frankreich in den letzten fünf Jahren die Zahl infizierter Patienten reduzieren, während sich andernorts die Killerkeime weiterhin in den Krankenhäusern ausbreiten.

Filmemacher Valentin Thurn lässt in seiner Dokumentation unter anderem Guillaume Depardieus Exfrau Elise zu Wort kommen. Außerdem äußern sich Freunde und Kollegen. Der Schauspieler selbst ist in zahlreichen Archivaufnahmen aus Dokumentar- und Spielfilmen präsent.

Ein Film von Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 13.09.2009, 16:25 Uhr, WDR
Link zum Whistleblower-Netzwerk

„Meine Loyalität für die Verfassung steht über meiner Loyalität zu meinem Chef.“, entscheidet Rudolf Schmenger am 30. August 2001.
Bis dahin ist er ein effizienter Steuerfahnder, mehrfach belobigt von seinem Dienstherrn, dem Frankfurter Finanzamt. In dessen Auftrag durchsucht er auch eine Großbank und kommt Steuerhinterziehern auf die Spur, die Millionenbeträge auf Konten ins Ausland schleusen. Ohne Angabe von Gründen untersagt ihm sein Dienstherr diese „Fälle“ weiter zu verfolgen. Eine vermutlich politisch motivierte Anweisung aus dem hessischen Finanzministerium, denn die Ermittlungen in den Banken wirken sich nachteilig für das Land als Wirtschaftsstandort aus.
„Es kann doch nicht sein, dass wir die kleinen Steuersünder hängen und die großen laufen lassen.“, sagt Rudolf Schmenger. Aber schließlich verfügt das Finanzministerium die Auflösung seiner Abteilung.
Rudolf Schmenger wehrt sich – bis die Amtsleitung schließlich über ein beauftragtes Gutachten einen Weg findet, ihn loszuwerden: Ein Psychiater attestiert Rudolf Schmenger eine „querulatorische Entwicklung“ und schreibt ihn „lebenslang dienstunfähig“.
Gegen seinen Willen wird er mit Anfang 40 in den vorzeitigen Ruhstand geschickt. Inzwischen beschuldigt die hessische Landesärztekammer den Psychiater, ein Gefälligkeitsgutachten im Interesse der Landesregierung erstellt zu haben. Rudolf Schmenger kämpft für seine Reputation uns schart weiter Beamte um sich, die wie er ihrem Gewissen folgen wollen.
tag7 rollt in einer Reportage den Fall „Schmenger“ exemplarisch auf und fragt, was diesen Menschen dazu befähigt, trotz heftiger Widerstände seine ethischen Grundsätze über die persönliche Karriere zu stellen.

Ein Film von Valentin Thurn

Erstausstrahlung: 01.07.2009, 23:30 Uhr, ARD

Link zur Website von Harry Wörz
Link zum Song von Nadeem

Es ist der Alptraum schlechthin, der Tag, mit dem sich alles im Leben ändert: Der Tag, an dem ‚Im Namen des Volkes‘ ein Richter Schuld ausspricht. Der Verurteilte weiß er war es nicht – Doch keiner glaubt ihm. Auch das deutsche Strafrechtssystem ist trotz aller Regeln, aller Instanzen vor Irrtümern nicht gefeit. Und, noch schlimmer: Wer einmal in die Mühlen der Justiz gerät, hat kaum Chancen, wieder herauszukommen.
Einer dieser seltenen Fälle ist Harry Wörz (41) aus Birkenfeld bei Pforzheim. Er soll seine Ex-Frau 1997 mit einem Schal gewürgt haben. Das Opfer ist wegen Gehirnschädigung seither ein Pflegefall und kann nicht mehr aussagen. Sie war Polizistin. Ebenfalls unter Verdacht waren ihr Geliebter und ihr Vater, beide ebenfalls Polizisten. Doch für die Polizei steht schnell fest, dass Harry Wörz der Schuldige ist. Er ist kein Polizist. Das Gericht folgte der Ansicht der Ermittler und verurteilt Harry Wörz in einem Indizienprozess zu elf Jahren Haft. In einem späteren Zivilprozess allerdings, es ging um Schadensersatz, urteilten die Richter, dass er nicht der Täter sein könne. Sie kritisierten, im Strafprozess sei ‚in manchen Punkten nicht objektiv ermittelt worden.‘ Wörz bemühte sich daraufhin um eine Wiederaufnahme, was ihm drei Jahre später tatsächlich gelang. Mit Erfolg: Freispruch vom Landgericht Mannheim. Doch ein Jahr später, im Oktober 2006, hob der Bundesgerichtshof den Freispruch wieder auf. Der Folge-Prozess hat vor wenigen Wochen begonnen und soll noch das ganze Jahr 2009 laufen.
90 Prozent aller Justizirrtümer gehen auf eine falsche Identifizierung zurück. Denn zunehmend verlassen sich die Richter auf Gutachter. Doch die stehen seit einiger Zeit heftig in der Kritik. Ein ganz gravierender Fehler eines solchen Gutachters hat Donald Stellwag (50) wegen angeblichen Bankraubs unschuldig hinter Gitter gebracht. Der Gutachter hatte ihn auf einem von der Überwachungskamera am Tatort gemachten Foto ‚zweifelsfrei‘ identifiziert. Donald Stellwag bemühte sich um eine Wiederaufnahme – vergebens. Er saß die vollen neun Jahre ab, eine vorzeitige Entlassung wurde ihm verweigert, weil er nicht geständig war. Keine zwei Wochen, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, schnappte die Polizei den echten Täter bei einem neuen Banküberfall.

Ungewöhnlich: 2007 wurde der Gutachter vom Oberlandesgericht Frankfurt/Main zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 150.000 Euro verurteilt – der erste Fall, in dem ein Sachverständiger für ein fehlerhaftes Gerichtsgutachten jemals haftbar gemacht wurde. Der vom Gericht beauftragte Gegen-Gutachter Prof. Friedrich Wilhelm Rösing kritisiert, dass es zahlreiche Fehlurteile aufgrund der schlechten Qualität der Überwachungskameras und der unzureichenden Kenntnis vieler Gutachter gibt.
Rösing ist nun wieder Gegen-Gutachter in einem aktuellen Fall: In der Justizvollzugsanstalt Heimsheim bei Stuttgart sitzt seit fast neun Jahren Andreas Kühn. Er soll der sogenannte ‚Gorillamasken-Räuber‘ sein, der in den 90er Jahren in Stuttgart vier Banken überfiel. Kühn beteuert seine Unschuld. Das Gericht stützte seine Verurteilung auf mehrere Indizien. Ausschlaggebend war ein Foto aus einer Überwachungskamera. Der Sachverständige im Prozess – ein pensionierter Polizist – sagte damals, er könne Kühn als Täter nicht ausschließen. Professor Wilhelm Rösing ist aber davon überzeugt: Kühn kann nicht der Bankräuber sein. 25 Merkmale hat der Experte für Gesichtserkennung auf den Bildern gefunden, die nicht mit dem Verurteilten übereinstimmen – bereits bei 3 Merkmalen könne man sagen, dass das Bild nicht die fragliche Person zeige. Gestützt auf dieses Gutachten betreibt Kühn die Wiederaufnahme seines Falls. Ein mühsames, quälendes Verfahren voller Ungewissheiten und mit offenem Ausgang.

Ein Film von Kadriye Acar und Valentin Thurn
Im Auftrag des NDR

Erstausstrahlung: 10.05.2009, 17:30 Uhr, ARD
Link zur ARD Themenwoche

„Hätte ich Inge früher kennen gelernt, wäre ich ein selbstbewussterer Mensch geworden. Vieles wäre einfacher gewesen. Ich vertraue ihr mehr als anderen Menschen, weil ihre Hilfe ehrenamtlich ist und damit vom Herzen kommt“, sagt die 27jährige Öznur Demir. Sie hatte Hilfe gesucht, um den Hauptschulabschluss zu schaffen – und die 69jährige Rentnerin Inge Alexy gefunden, beim Projekt „Senioren-Lotsen“. Die ehrenamtliche Patin hilft der jungen Türkin beim Erlernen der deutschen Sprache und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.
Dreißig solche Senioren-Lotsen gibt es zur Zeit in Lübeck, und bei jedem Treffen werden es mehr. Nicht nur die jungen Ausländer profitieren, auch die Senioren, die in ihrem Ruhestand etwas Nützliches tun wollen. Ein Modellprojekt, das es bisher nur in Lübeck gibt.

Die ehrenamtlichen „Lotsen“ können die Profis der Beratungsstellen nicht ersetzen. Aber sie können die jungen Menschen auch moralisch unterstützen, wenn sie sich in einer verzweifelten Situation befinden, wie der 17jährigen Kurde Faysal Idris, der mit 14 Jahren nach Deutschland geflohen war. „Ohne Herrn Pawlowski“, so der junge Mann, „hätte ich nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Ich kann es nicht in Worten ausdrücken, aber es ist der wichtigste Mensch für mich in Lübeck.“ Der ehemalige Lehrer Jürgen Pawlowski kam nach dem 2. Weltkrieg selbst als Flüchtlingskind nach Lübeck. Er kennt das Gefühl, fremd in einem Land zu sein. Deshalb will er Faysal helfen, sich in Lübeck wohl zu fühlen.

Ein Film von Valentin Thurn und Sabine Goette

Erstausstrahlung: 19.12.2008, 22:35 Uhr, ARTE

Journalistenpreis 2009 der ARGUS-Stiftung für den Erhalt und die Entwicklung von Antibiotika
36th International Festival of Sustainable Development Films, Bratislava, Slowakei, 2009
International Science Film Festival, Athen, Griechenland, 2009

Die weltweite Ausbreitung neuer Super-Bakterien in den Krankenhäusern bereitet den Ärzten Sorge. Der am weitesten verbreitete und gefährlichste unter den Krankenhauskeimen heißt MRSA (multiresistenter Staphylokokkus aureus). Allein in Deutschland infizieren sich jährlich 15.000 Patienten, in Frankreich fast doppelt so viele. MRSA ist gegen die gängigen Antibiotika resistent. Und der Keim wird immer aggressiver: Die Zahl der Medikamente die noch eingesetzt werden können sinkt von Jahr zu Jahr. MRSA kann zu schweren Wundinfektionen, Lungenentzündungen, Sepsis und nicht selten zum Tod führen. Europaweit sterben jedes Jahr rund 50.000 Menschen an dem Killer-Keim.
Super-Keime wie MRSA gibt es schon seit über 40 Jahren, doch in Ländern wie Deutschland oder Frankreich wurde das Problem lange Zeit unterschätzt. Die Folge: der Keim breitete sich so stark aus, dass die Kliniken ihn heute kaum noch beherrschen können. Selbst strengste Hygiene-Vorkehrungen können die Infektionsgefahr bei einer OP nicht auf Null senken.
Seit der Entdeckung des Penicillin haben sich die Ärzte darauf verlassen, dass Antibiotika bakterielle Infektionen wirksam bekämpfen. Doch sobald ein neues Mittel erfunden wurde gab es schon wenige Jahre später resistente Bakterien-Stämme. Sie haben sich vor allem in den Ländern ausgebreitet, in denen die Antibiotika besonders großzügig angewendet werden. Dort hingegen, wo sie gezielter und sparsamer vergeben werden, gibt es auch weniger Super-Keime.
Die Filmemacher Valentin Thurn und Sabine Goette gehen der Frage nach: Was wird in europäischen Krankenhäusern gegen die Ausbreitung der Krankenhauskeime unternommen? Wie haben es die Niederländer geschafft, die Zahl der MRSA-Erkrankungen fast auf Null zu reduzieren? Wie breiten sich neue Keime aus, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft? Welche Hoffnung gibt es durch die Forschung an Impfstoffen? Und: Wie kommen Patienten damit zurecht, die im Krankenhaus mit einem Super-Keim infiziert wurden und ihn wohl nie wieder los werden?

Ein Film von Britta Dombrowe und Valentin Thurn
Eine Koproduktion mit SCHNITTSTELLE KÖLN
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 18.05.2008, WDR

„Das Brot hier ist doch 1 A!“, meint Hanna und sie hat völlig Recht. Es sieht appetitlich aus und ist ordentlich in Plastikfolie eingeschweißt. Nichts scheint es von den anderen im Supermarktregal zu unterscheiden, nur dass die 21-jährige es gerade aus dem Abfall gefischt hat. Ihr Essen kauft Hanna schon lange nicht mehr in Supermärkten, sondern besorgt es sich aus den Müllcontainern dahinter.
„Containern“ heißt das in der Szene der selbsternannten Resteverwerter, die sich dem Konsumkreislauf der Wegwerfgesellschaft verweigern. Nicht aus Not, sondern aus Überzeugung.
Konkrete Zahlen, wie viele Lebensmittel in Deutschland weggeworfen werden, gibt es nicht. Allein auf dem Kölner Großmarkt kommen bis zu zehn Tonnen an einem normalen Markttag zusammen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: mal ist der Aufdruck auf dem Etikett verrutscht, mal entsprach die Kühlung während des Transports nicht dem Standard. Oft aber ist es für Groß- und Einzelhändler einfach billiger, Lebensmittel wegzuwerfen und neu einzukaufen als Lagerplätze anzumieten. „Dann wandert das ganze Zeug kistenweise in den Müll“, weiß Resteverwerter Jens aus Köln, der sich inzwischen über das „Containern“ von seinem ehemals bürgerlichen Leben vollends verabschiedet hat: „Ich muss mich für niemanden verbiegen, aber diese Freiheit kann ganz schön hart sein.“
Wir begleiten Resteverwerter auf ihren Streifzügen ins „Gratisland“. Welche Freiheiten bringt ihnen ihr selbst gewähltes Leben und wo stoßen sie auf gesundheitliche, soziale und politische Grenzen?

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 07.05.2008, 22:30 Uhr, Menschen hautnah, WDR
Link zum Verzeichnis deutscher Samenbanken

Als Anna (28) von ihrer Mutter erfährt, dass sie mit einer Samenspende gezeugt wurde, ist sie zunächst wie gelähmt. Wochenlang schaut sie sich die Fotoalben der Familie an, vergleicht ihr Gesicht im Spiegel mit dem des Vaters und der Schwestern.
Annas Eltern hatten sich vor acht Jahren getrennt: Zum sozialen Vater hatte Anna seither nur noch wenig Kontakt. Ihre beiden jüngeren Schwestern kamen auf natürlichem Weg zur Welt, obwohl ein Arzt dem Vater zunächst gesagt hatte, er sei zeugungsunfähig. Die Eltern hatten deshalb damals die Hilfe einer Samenbank in Boston, USA, in Anspruch genommen.

Anna fährt nach Boston, um ihren genetischen Vater zu suchen oder besser den „Spender“ zu finden, denn das Wort „Vater“ vermeidet sie in diesem Zusammenhang: „Ich habe ja bereits einen Vater!“ Die Suche ist schwierig, denn ihre Mutter Pauline hatte damals alle Unterlagen vernichtet, schließlich sollte niemand von der Samenspende erfahren. Als sie feststellt, wie wichtig ihrer Tochter die „Spendersuche“ ist und als Anna über ein Internet-Forum einen möglichen Spender findet, entschließt sich ihre Mutter, auch nach Boston zu fahren. Sie besuchen Randy, der zu der Zeit gespendet hatte, als Pauline in Behandlung war. Nach einem sehr emotionalen Gespräch in seiner Wohnung nehmen sie auf einem Wattestäbchen eine Speichelprobe . Diese lassen sie zu Hause in München in einem Genlabor untersuchen. Von der Laborleiterin erfährt Anna auf ihrer Suche nach der eigenen Identität das Testergebnis…

Ein Film von Valentin Thurn und Sabine Goette
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 27.11.2007, 21:40 Uhr, ARTE

Die Erfindung der Impfstoffe ist eine der großen Erfolgsgeschichten der Medizin. Epidemien wie Pocken und Kinderlähmung, die die Menschen lange Zeit in Angst und Schrecken versetzten, konnten dank der Impfungen besiegt werden. Doch die Siege, die in der Geschichte der Medizin errungen wurden, waren nur selten ohne unerwünschte Nebeneffekte oder sogar Verluste zu haben. Auch wenn die Impfstoffe heute um ein vielfaches sicherer sind als noch vor 20 Jahren, besteht die Möglichkeit von Impfschäden noch immer. Die Gefahren durch Infektionskrankheiten, die durch Impfungen verhindert werden können, werden von Experten weitaus höher eingeschätzt. Die tödlichen Folgen der Masern sind ein Beispiel dafür. Und doch sind sie da: Folgeschäden, die zu Behinderung oder gar Tod führen.
Die Filmemacher Valentin Thurn und Sabine Goette spüren den Glanz- und Schattenseiten der Impfungen nach. Eine Reise in die Historie der Immunisierung ebnet den Weg zu den Schicksalen der Betroffenen, damals wie heute, und zu aktuellen, kontrovers geführten Debatten rund ums Impfen.

Familien aus Deutschland und Frankreich erzählen von beiden Seiten der Erfolgsmedaille: Was geschehen kann, wenn nicht geimpft wird, und wie auch eine Impfung das Leben dramatisch verändern kann. Der sechsjährige Micha ist dem Tod geweiht, da er sich im Alter von 5 Monaten in einer Kinderarztpraxis mit Masern ansteckte. Erst nach Jahren brach die Krankheit aus: SSPE, eine chronische Hirnentzündung und Folge der Masern, die mit Sicherheit zum Tod führt. Auch der kleine Joel ist betroffen. Während der größten Masernepidemie Deutschlands, die 2006 in Duisburg ausbrach, erkrankte er ebenfalls. Noch während der Dreharbeiten starb er. Madame Zanakolona aus Paris hingegen musste jahrelang kämpfen, damit der Hirnschaden, den ihr heute 15-jähriger Sohn nach einer Keuchhustenimpfung davontrug, gerichtlich anerkannt wurde. Der Impfstoff ist längst nicht mehr auf dem Markt, aber neue Impfstoffe mit möglichen Risiken drängen nach. Familie Schomaker jedenfalls ist überzeugt, dass der Sechsfach-Impfstoff, der vor 6 Jahren eingeführt wurde, Schuld am Tod ihres Sohnes war.
Der Gerichtsmediziner Prof. Randolph Penning hat in den letzten Jahren mehrere Kinder nach Sechsfachimpfung obduziert. Ergebnis: auffällige und besorgniserregende Hirnschwellungen. Auch der ehemalige Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts und Insider Dr. Klaus Hartmann steht den neuen Kombinationsimpfstoffen äußerst kritisch gegenüber. Sind sie schuld am Tod der Kinder? Beweisen konnte es bislang niemand, aber die Kontroverse ist in Gang gesetzt. Wie offen muss über mögliche Folgeschäden berichtet werden, ohne Angst bei den Eltern zu schüren und damit niedrige Impfraten und die Rückkehr der Epidemien zu produzieren?
Die meisten Infektionskrankheiten haben ihre Bedrohung verloren, nicht zuletzt durch die Erfolge der Impfungen. Die Impfungen erscheinen deshalb vielen gar nicht mehr so wichtig. Manche Impfstoffe aber würden von vielen Menschen weltweit begrüßt. Wie beispielsweise der neue Impfstoff gegen Tuberkulose, der im Max-Planck-Institut in Berlin entwickelt wird. Millionen Menschen sind weltweit von der TB betroffen, resistente Erreger breiten sich immer mehr aus. Mit einer Impfung könnte Abhilfe geschaffen, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Denn die TBC ist weiter auf dem Vormarsch.

Ein Film von Valentin Thurn und Britta Dombrowe
Erstausstrahlung: 02.09.2007, 16:25 Uhr, WDR

Über Stunden quälten im November 2006 Häftlinge einen 20-jährigen Mitinsassen im Jugendgefängnis Siegburg und töteten ihn schließlich. Vom Gefängnispersonal wurde das stundenlange Martyrium nicht bemerkt. Die Tat warf ein Schlaglicht auf die Zustände in deutschen Jugendgefängnissen: Zellen sind überbelegt, es herrscht akuter Personalmangel, Häftlinge werden bis zu 23 Stunden am Tag weggesperrt und sich selbst überlassen.
Das kennt auch der 19-jährige Ufuk, der in Siegburg einsitzt, dem „härtesten Jugendknast“, wie er meint. Ufuk weiß wovon er spricht, mit 14 hatte er bereits 140 Straftaten auf seinem Konto, ist Stammgast in deutschen Gefängnissen und kennt die Regeln hinter den Mauern. „Wenn du im Knast ankommst, dann wirst du erstmal ausgecheckt. Entweder sie haben Respekt oder du musst dir Respekt verschaffen. Da gilt allein das Faustrecht.“ Dabei heißt es im Strafvollzugsgesetz: „Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“
Der Film zeigt die Ursachen wachsender Brutalität hinter Gittern und stellt neue Wege im Jugendstrafvollzug vor.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 06.02.2007, 20:40 Uhr, Themenabend, ARTE

1001 Documentary Film Festival, Istanbul, 2008
Gold Panda Awards, International Sichuan TV Festival, China, 2007
E. Desmond Lee Africa World Festival, St. Louis, USA und Lagos, Nigeria, 2007
Filmfest Eberswalde – Die Provinziale, Deutschland, 2007: Preis als „beste Dokumentation“

Die Einwanderung brachte die Frauen-Beschneidung von Afrika nach Europa. Doch immer mehr schwarze Frauen entscheiden: „Mit meiner Tochter nicht!“ Drei Frauen aus England, Deutschland und Frankreich erzählen vom Tag ihrer Beschneidung, von Problemen beim Urinieren und von den Schmerzen bei der Menstruation, der Angst vor Geschlechtsverkehr und Geburt. Doch es gibt Hoffnung: Dr. Pierre Foldes aus Paris entwickelte eine Technik mit der er die Klitoris wieder herstellen kann.
„Mit meiner Tochter nicht!“ erscheint als Bonustrack auf der DVD des Kinofilms „Wüstenblume“ mit Waris Dirie.

Ein Film von Mauricio Estrella und Antonio Uscátegui
Koautor: Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 19.11.2006, ARD

Abelardo lebt illegal in Deutschland. Er hat keine Aufenthaltspapiere, ist ständig auf der Hut vor der Polizei. Abelardo will nicht zurück nach Ecuador in die Slums der Hafenstadt Guayaquil. Dort lebt noch seine Mutter; krank aber nicht krankenversichert. Abelardo schickt ihr Geld für Medikamente.
Seit sechs Jahren schlägt er sich in Deutschland durch. Ein Leben im Schatten, bestimmt von der Suche nach Billigjobs, bei denen keine Papiere verlangt werden. Dann lernt er Ines kennen, eine Deutsche, beim Tanzen, ganz normal. Sie verlieben sich. Aber traut Ines ihm, oder fühlt sie sich ausgenutzt? Als Mittel zum Zweck, um über sie an eine Aufenthaltsgenehmigung zu kommen?
Über eine Millionen Ausländer leben wie Abelardo illegal in Deutschland. Mehr als ein Jahr lang haben Mauricio Estrella und Antonio Uscátegui zwei Familien beobachtet, denen das tägliche Versteckspiel aus Angst vor Abschiebung zur Normalität geworden ist. Die als so genannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ tapfer und auch erstaunlich normal ein Leben meistern, in dem es alles gibt, nur keine Sicherheit.

Ein Film von Valentin Thurn, Koautor Stephan Müller
Im Auftrag des NDR in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 29.08.2006, 20:40 Uhr, ARTE

Nominiert für den Deutschen Fernsehpreis als „beste Reportage“
Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig), 2006
Basel_Karlsruhe Forum (BaKaFORUM), Basel, Schweiz, 2007
Gold Panda Awards, Sichuan TV Festival, China, 2007

Zacarias Moussaoui ist der einzige Attentäter, der wegen der Anschläge am 11. September 2001 vor Gericht gestanden hat – es war ein Symbolprozess für die USA. Im Mai 2006 wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Bis an sein Lebensende soll er keinerlei Außenkontakte haben.
Ist er der sogenannte 20. Attentäter, der ein Flugzeug in das Weiße Haus steuern sollte? Oder nur ein psychisch kranker Möchtegern-Verschwörer? Fest steht, dass er vier Wochen vor den Anschlägen auf das World Trade Center und auf das Pentagon verhaftet wurde, als er das Fliegen einer Boeing 747 erlernen wollte. Und fest steht auch, dass das FBI die Attentate vom 11. September hätte verhindern können, wären Moussaouis Notizbuch und Laptop rechtzeitig durchsucht worden.

Wie kommt ein junger marokkanisch-stämmiger Franzose dazu, sich Al Kaida anzuschließen und in Camps in Afghanistan zum Selbstmord-Attentäter ausbilden zu lassen? In seiner Jugend war er nicht religiös, er liebte Partys und seine Freundin, und manchmal trank er auch Alkohol – bis zu dem Tag, an dem er in London von radikalen Moslem-Predigern zum Djihad bekehrt wurde.
Seine Mutter Aïcha El-Wafi kämpfte während des Prozesses gegen die Todesstrafe für ihren Sohn. Am Rande der Gerichtsverhandlungen lernte sie in den USA Phyllis Rodriguez kennen, die Mutter von Greg, der in den Flammen des World Trade Center getötet wurde. Der Filmemacher Valentin Thurn zeigt in seiner Dokumentation die Entwicklung dieser außergewöhnlichen Freundschaft und zeichnet behutsam die Geschichte der zerrütteten Familie Moussaoui nach. Intensive Interviews mit Freunden und Familienangehörigen, unter anderem mit den beiden Schwestern Moussaouis, werden durch exklusives Bildmaterial ergänzt, das zum Teil noch nie gezeigt wurde – darunter ein privates Video des jugendlichen Zacarias.

Der Film wirft zum fünften Jahrestag der Attentate von New York einen neuen und unbekannten Blick auf einen jungen Franzosen aus Marokko, der durch seinen schwierigen Familienhintergrund und durch die Beeinflussung durch islamistische Kreise zu einem Todespiloten wurde, der letztlich nicht zum Einsatz kam. Er wirft aber auch ein erhellendes Licht auf das Verhalten Moussaouis während des Prozesses, sein Schuldeingeständnis, das er inzwischen wiederrufen hat, sowie auf die Rolle der Justiz in den USA und den Wunsch vieler Amerikaner, den einzigen Attentäter, der vor Gericht gestanden, auch zu verurteilen.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 16.05.2006, 22:15 Uhr, in der Reihe „37°“, ZDF

Leihmutterschaft ist verboten – so steht es im Gesetz. Doch in der Anonymität des Internets blüht der Schwarzmarkt. Dort stoßen Hildegard und Anton auf Sarah. Die Zeugung ihres Kindes geschieht auf einer Toilette, mit Hilfe einer Klistierspritze. Hildegard und Anton erzählen niemandem davon, nicht einmal ihren Eltern. Ganz heimlich soll das Kind zur Welt kommen.

Auch Sarah, die für ihre Leihmutterschaft eine beträchtliche Summe Geld bekommt, verheimlicht ihre Schwangerschaft vor ihren Eltern. Sie weiß, dass die Eltern niemals damit einverstanden wären. Sarah erzählt von den Vertragsbedingungen, die sie mit Anton ausgehandelt hat und bemüht sich, jede emotionale Beziehung zu dem Baby in ihrem Bauch zu unterdrücken. Ganz einfach ist das nicht, denn immerhin ist sie ja die genetische Mutter des Babys. Endlich ist es soweit, die Entbindung steht bevor.
Doch als der ersehnte Anruf „Das Baby ist da“ bei Hildegard und Anton ankommt, findet eine Übergabe des Kindes nicht statt. Hilde und Anton sind offensichtlich einer Betrügerin zum Opfer gefallen. Es wird nie geklärt, ob Sarah ihr Baby selbst behalten wollte oder es einem anderen Paar verkauft hat: die Leihmutter bleibt unauffindbar. Ein solches Betrugsrisiko wollen Hildegard und Anton nicht noch einmal eingehen. Sie beschließen, in der Ukraine eine Leihmutter zu suchen und werden in Kiew fündig. In der Ukraine ist Leihmutterschaft erlaubt und es gibt einen regelrechten Leihmutterschaftstourismus. Auch Ole und Ingrid sind schon vor Monaten nach Kiew gereist, um eine Leihmutter für ihr Baby zu finden. Das Paar ist überzeugt davon, nichts Unrechtes zu tun.

Bei den meisten Leihmutterschaften kommt die Eizelle von einer fremden Frau, nur der Mann ist durch seine Samenspende auch der genetische Vater des Kindes. Bei Ingrid und Ole ist das anders. Das Kind ist genetisch ganz und gar ihr Kind, die Leihmutter hat es nur ausgetragen. Beim Notar tritt sie alle Rechte an dem Baby an Ole und Ingrid ab. Überglücklich reisen Ole und Ingrid mit ihrem Kind, das vor Ort noch offiziell als ihr leibliches Kind ausgewiesen wird, nach Deutschland zurück.
Diana und Steffen finden ihre Leihmutter in Südafrika. Auch dort sind Leihmutterschaften legal, und die Befruchtung wird in einer Klinik durchgeführt. Diana und Steffen gehen offen mit der geplanten Leihmutterschaft um und haben es bereits der Familie, Nachbarn und Arbeitskollegen erzählt. Sie sind davon überzeugt, dass die deutschen Jugendämter nichts dagegen unternehmen können, wenn sie das Baby nach südafrikanischem Recht adoptieren.
„37º“ erzählt von den drei Paaren und fragt nach der Verantwortung für ein Kind, das durch Leihmutterschaft geboren wird. Dessen Identitätsfindung kann durch das Wissen um seine verschiedenen Mütter ein lebenslanges Problem sein.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag von ARTE

Erstausstrahlung: 10.01.2006, 20:40 Uhr, Themenabend: „Arme Kinder“, ARTE

Armut in der reichen EU – Für viele Kinder bedeutet das vielfältige Benachteiligungen. Zuerst bei der Bildung: Sie haben schlechtere Leistungen in der Schule, brechen häufiger die Schule ab. Oder bei der Gesundheit: Sie sind öfter krank als Kinder aus besser gestellten Familien, und bei den materiellen Möglichkeiten: Oft ist kein Urlaub möglich. Allerdings – dies zeigte sich in Deutschland ebenso wie in England und Frankreich – wenn Eltern wenig haben, dann kratzen sie doch alles verfügbare Geld zusammen, um wenigstens Geschenke für die Kinder kaufen zu können, schnüren lieber den Gürtel enger, sparen beim Essen oder dem Auto und wollen um jeden Preis vermeiden, dass ihre Kinder die Armut als Einengung erleben.

Die Regierungen helfen dabei in unterschiedlichem Maß: Am schlimmsten ist die Situation immer noch in England, allerdings ist es der Regierung in den letzten 5 Jahren gelungen, die einstmals höchste Rate von Kinderarmut ganz Europas um ein Viertel zu reduzieren. Milliardensummen werden in die frühkindliche Bildung gepumpt, um Chancengleichheit bereits im Vorschulalter zu ermöglichen. Ganz anders die Situation in Deutschland. Waren die sozialen Ungleichheiten in der Vergangenheit relativ abgefedert, so bewegt man sich konstant auf das britische Niveau hinab. Frankreich steht geringfügig besser da, aber auch hier sorgt die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit für eine dauerhaft hohe Kinderarmut.

Ein großer Kontrast allerdings in Skandinavien, zuvorderst in Dänemark, wo es so gut wie keine Armut bei Kindern und Familien gibt. Was machen die Dänen besser? Der Film führt durch vier Länder Europas und sucht nach Antworten, wo Armutsbekämpfung ansetzen kann und welche Modelle erfolgversprechend sind.

Ein Film von Valentin Thurn und Kadriye Acar
Im Auftrag vom NDR

Erstausstrahlung: 02.08.2005, 20:40 Uhr, ARTE

Fatma Bläser wurde von ihrer eigenen Familie mit dem Tode bedroht, weil sie sich weigerte, den für sie ausgesuchten Mann zu heiraten, und dann noch zu ihrem deutschen Freund flüchtete. Dort belagerten Brüder und Onkel das Haus, sechs Wochen lang, und trachteten ihr nach dem Leben, um die Familienehre zu reinigen. Fatma konnte sich verstecken, und hatte über 15 Jahre lang keinen Kontakt zu ihrer Familie, nur heimlich zu ihrer Mutter. Heute ist ihr Vater ein alter Mann. Fatma will sich mit ihm versöhnen. Er ist altersmilde geworden, und doch bereut er nicht, was er und die anderen Männer der Familie damals taten. Fatma ist sich unsicher: Wie wird die Sippe in der Türkei reagieren, die sie damals ausgestoßen hat? Wir begleiteten sie in ihr kurdisches Heimatdorf, 1500 Kilometer von Istanbul entfernt an der ehemaligen Grenze zur Sowjetunion gelegen, und beobachten die vorsichtige Annäherung Fatmas an eine Welt, die einmal ihre Heimat war und heute so fremd ist. Fatma erinnert sich, wie sie als Achtjährige die Steinigung einer Frau beobachtete, die als Ehebrecherin beschuldigt wurde. Sie sucht das Grab, doch wird ihr bedeutet, dass solche „Schandflecken“ weitab in den Bergen verscharrt werden.

Auch Hatun Sürücü wurde von ihrer Familie verstoßen und suchte aus Sehnsucht wieder den Kontakt. Doch ihre Geschichte endet tragisch: Sie wurde von ihren drei Brüdern ermordet. Der Grund: Sie hatte sich von dem Mann getrennt, den ihre Familie für sie aussuchte, und wollte ihren Sohn Can allein aufziehen. Die Tat geschah auf offener Straße in Berlin: Die älteren standen Schmiere, der jüngste Bruder nahm die Pistole und schoss. Oft suchen die Familien die Jüngsten aus, weil sie wissen, dass sie nach dem Jugendstrafrecht milder bestraft werden. Ihre Freunde und Arbeitskollegen können es nicht fassen. Doch die Einwanderung hat die grausame Tradition bis in das Herzen Europas getragen. Auch Hatuns Familie stammt aus dem Südosten der Türkei, wo die Tradition von den Brüdern fordert, auf die Unversehrtheit der Schwestern bis zur Heirat zu achten. Ein Fehlverhalten muss gesühnt werden, weil die Familienehre beschmutzt ist und die Familie Gefahr läuft, von der Dorfgemeinschaft ausgestoßen zu werden. Das spielt selbst im heutigen Berlin noch eine Rolle, denn die Sippen halten engen Kontakt, auch zu den in der Türkei gebliebenen Verwandten.

Ehrenmorde gibt es nicht nur bei Türken und Kurden, sondern auch bei anderen Völkern wie den Albanern. Die Konflikte kündigen sich oft schon über Jahre zuvor an: Ulerika Gashi war mit ihrer Familie aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen, als sie zwei Jahre alt war. Der Vater schlug die Mutter oft, und später auch die vier Töchter, vor allem Ulerika, als sie mit 16 begann sich zu schminken und modische Kleidung zu tragen. Als der Vater erfährt, dass Ulerika einen Freund hat, erdrosselt er sie mit einem Klebeband im Keller des eigenen Hauses und wirft die Leiche in einen Baggersee.
Viele begründen die Ehrenmorde mit dem Islam. Doch in Wirklichkeit steht kein Wort darüber im Koran. Allerdings stellen sich nur wenige Imame offen gegen diese vorislamische Tradition. Doch es gibt Kräfte, die bei Ehrkonflikten helfen: Etwa ein kurdischer Landtagsabgeordneter in Berlin, ein türkischer Kulturverein in Paris und der Verein Rosa e.V. in Stuttgart, der mehrere Mädchen-WG’s unterhält, in der sich junge Frauen verstecken, die vom Familienrat zum Tode verurteilt wurden. Dort, und in einem der streng bewachten Frauenhäuser in Istanbul wird klar, dass Prügel allein nicht reichen, um eine türkische Frau ins Frauenhaus zu treiben, zu groß ist das Gefühl der Schande auch bei den Frauen selbst, die meisten flüchten erst nach dem ersten Mordversuch, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten.

Für ihre in Deutschland, Frankreich und der Türkei gedrehte Dokumentation haben Filmemacherin Kadriye Acar, die als Tochter türkischer Eltern in Deutschland aufwuchs, und ihr Kollege Valentin Thurn mit türkischen, kurdischen und kosovarischen Frauen gesprochen, die sich in anonymen Hochhauswohnungen und streng bewachten Frauenhäusern verstecken, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten. Der Film schildert auch die Geschichten zweier Frauen, die trotz Verstoßung und Morddrohungen nach Jahren wieder den Kontakt zu ihrer Familie suchten – aus einer unstillbaren Sehnsucht nach dem Leben in der Großfamilie. Die eine, Fatma Bläser, die als Kind nach Deutschland kam, konnte sich mit den Angehörigen in ihrem kurdischen Heimatdorf wieder versöhnen. Die andere hingegen, Hatun Sürücü, bezahlte ihren Annäherungsversuch an die Familie mit dem Leben – sie wurde von ihren Brüdern in Berlin auf offener Straße ermordet. Der Film besucht außerdem eines von nur zwei Frauenhäusern in Istanbul und macht deutlich, wie sehr sich die Schicksale der verfolgten Frauen – ob in Berlin oder in Istanbul – ähneln.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 26.04.2005, 21:45 Uhr, ARTE

Hans S. konnte ohne Tabletten nicht mehr schlafen. Er war leitender Angestellter, doch seine Sucht fiel keinem auf, über 17 Jahre lang, bis der Zusammenbruch kam: Erst verlor er seinen Job, dann seinen Führerschein, dann seine Kinder, schließlich wurde er in eine psychiatrische Klinik zum Entzug eingewiesen. Sein Arzt, der ihm die Rohypnol-Tabletten regelmäßig verschrieb, hätte wissen müssen, dass die Pillen abhängig machen. Nachdem Hans S. seine Sucht überwunden hatte, verklagte er seinen Arzt vor dem Schiedsgericht der norddeutschen Ärztekammern, und bekam Recht: Erstmalig in einem solchen Fall wurde dem Patienten eine Entschädigung zugesprochen und ein ärztlicher Kunstfehler verurteilt. Sie wird auch die „stille Sucht“ genannt, weil sie nicht auffällt, aber dennoch sind etwa ebenso viele Menschen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig wie von Alkohol: In Deutschland gibt es über eine Million Tablettensüchtige, in Frankreich sogar drei Millionen. Den schlechtesten Schlaf haben die Hausfrauen: Schon 1967 sangen die Rolling Stones über “Mother’s little helper” – Pillen vom Typ Benzodiazepine.

Bis in die 80er Jahre verschwieg die Pharmaindustrie wider besseren Wissens ihre Suchtgefahren – Ebenso wie sie zuvor die Schädigung von Embryonen durch das Schlafmittel Contergan herunterspielte, und auch die Giftigkeit der Barbiturate. Diese frühen Schlafmittel wurden häufig für Selbstmorde genutzt und sind seit den 60er Jahren verboten. Sie werden heute nur noch in der Schweiz verwendet – Für die dort legale Sterbehilfe. Moderne Schlafmittel wirken nur noch in Kombination mit anderen Drogen tödlich, dafür aber fanden die Junkies schnell heraus, dass die Pillen mit Heroin vermischt einen längeren Rausch ergeben. Und Kriminelle fanden heraus, dass sich Schlafmittel als K.O.-Tropfen und Vergewaltigungsdrogen nutzen lassen. Der Missbrauch lässt sich vor Gericht nur schwer nachweisen, weil die Schlafmittel im Körper schnell abgebaut werden.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 01.02.2005, 20:45 Uhr, ARTE

Jedes sechste Paar in Deutschland wartet vergeblich auf Nachwuchs. Um doch ein Kind zu bekommen, setzen immer mehr Frauen und Männer auf die moderne Fortpflanzungsmedizin. Vor 20 Jahren wurde das erste deutsche Retortenbaby geboren und seither wurden hunderttausende Kinder im Reagenzglas gezeugt, mit hierzulande legalen und bis zu einer bestimmten Anzahl von der Krankenkasse finanzierten Methoden wie der In-Vitro-Fertilisation . Doch wenn diese Versuche fehlschlagen und der Wunsch nach dem eigenen Kind zu mächtig ist, dann nutzen zunehmend unfruchtbare Paare auch in Deutschland verbotene Techniken wie die Eizellspende oder die Präimplantationsdiagnostik und reisen aus diesem Grund ins nahe europäische Ausland.

Susanne und Hans Bünger-Biel Susanne und Hans wollen unbedingt ein Kind. Und das seit Jahren. Weil Susanne auf natürlichem Wege nicht schwanger werden kann, versuchten sie es mit künstlicher Befruchtung . Nach dem siebten Versuch wurde Susanne endlich schwanger. Wieder verlor sie das Kind. Doch sie wollen nicht aufgeben. Um ihre Chancen zu erhöhen, reisen sie nach Belgien: Hier, in der Universitätsklinik von Brüssel, ist es Paaren mit Kinderwunsch erlaubt, per PID das Erbgut der befruchteten Zellen auf eventuelle Gen-Schäden untersuchen zu lassen, eine Methode, die in Deutschland verboten ist. Ines und Christoph haben bereits über zehn Versuche künstlicher Befruchtung hinter sich. Auch sie wollen einfach nicht aufgeben, zu übermächtig ist der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind. Ines ist mittlerweile 45 Jahre alt. Ihr vorerst letzter Versuch führt die beiden in eine Fertilitätsklinik nach Kapstadt/Südafrika, wo sie es mit einer Eizellspende versuchen wollen. Sie ist in Deutschland verboten. Auch für Michaela und Ralf ist eine Eizellspende die letzte Möglichkeit, ein Kind zu bekommen. Sie sind zwar noch jung, dennoch versuchen sie seit Jahren erfolglos, ein Kind zu bekommen. Michaela, die bereits acht Fehlgeburten hinter sich hat, leidet an einer seltenen Erbkrankheit. Um ihrem Wunsch endlich näher zu kommen, reisen sie nach Tschechien. Werden die drei Paare ihren sehnlichsten Wunsch endlich erfüllen können?

Der Filmemacher Valentin Thurn verfolgt mit viel Feingefühl und Rücksicht die oftmals harten Wege der drei Paare zu ihrem Wunschkind. Er erklärt den neuesten Stand der Forschung, beleuchtet die unterschiedlichen Behandlungen der Befruchtung im Labor und fragt nach Nebenwirkungen. Er befragt Klinik-Betreiber in Tschechien oder Südafrika, für die das rigide deutsche Gesetz eine erfreuliche Gewinnsteigerung bedeutet, denn hier werden den verzweifelten Paaren mittlerweile hohe Summen abverlangt. Valentin Thurn gibt einen fundierten Blick auf den Status Quo künstlicher Befruchtung in Deutschland und macht dabei vor allem eins: Er schenkt den Paaren, die sich nichts auf der Welt sehnlicher wünschen als ein Kind, Gehör.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 16.11.2004, 20:45 Uhr, ARTE

Warum schrumpft die Bevölkerung in einigen Ländern Europas stärker als in anderen? Warum gelingt es Frankreich und Schweden, die jungen Familien vom Kinderkriegen zu überzeugen? Bei den deutschen Politikern war eine aktive Bevölkerungspolitik bis in die jüngste Zeit hinein verpönt, zu sehr fühlte man sich an den Mutterkult der Nazis erinnert. Die Folgen sind unübersehbar: In Ostdeutschland werden ganze Hochhausviertel abgerissen, weil die Menschen fehlen. Im Ruhrgebiet steigt der Anteil der Ausländer, weil sie eine höhere Geburtenrate haben. Und die Überalterung droht die Sozialsysteme aus den Angeln zu heben – In spätestens dreißig Jahren wird jeder arbeitende Mensch einen Rentner zu versorgen haben. Um dem demographischen Abwärtssog zu entkommen, arbeiten Kommunen und Unternehmen an Lösungsansätzen.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 26.04.2004, „Die Story“, WDR

Es war der deutsche Tropenarzt und Epidemiologe Dr. Siegwart-Horst Günther, der 1991 zum ersten Mal auf die höchst gefährlichen Spätfolgen von sogenannten Uran-Geschossen hingewiesen hatte. Während des Golfkrieges wurde diese Munition von der US-Armee tonnenweise verschossen.
Der Film begleitet Günther und seine amerikanischen Kollegen bei ihren Untersuchungen im Kosovo, in Bosnien und im Irak. Überall dort hatten amerikanische Truppen die gefährliche Uran-Munition eingesetzt. Der Film zeigt bislang wenig bekannte Langzeitfolgen unter denen besonders die Kinder in den Kriegsgebieten zu leiden haben. Nach Ende des jüngsten Irak-Krieges entdeckten die Experten in der Umgebung von Basra kontaminierte Kriegsschauplätze, deren radioaktive Verseuchung die natürliche Erdstrahlung um das 20.000fache übertrifft.

Bereits 1991, nach dem Golfkrieg, waren Prof. Günther im Universitäts-Krankenhaus von Bagdad Menschen mit Krankheitssymptomen aufgefallen, die er in den 40 Jahren seiner Arbeit in diesem Land noch nie gesehen hatte. Dabei untersuchte er auch viele missgebildete Säuglinge und Kinder, die meistens nicht lange überlebten und dokumentierte die Fälle. Er diagnostizierte schwere Störungen der Nieren- und Leberfunktion, Krebs sowie genetische Schäden. Nachdem dann bei amerikanischen und britischen Golfkriegsveteranen und ihren Kindern ähnliche Krankheitssymptome auftraten, war für Günther und viele andere Wissenschaftler der Zusammenhang klar. Sie fordern ein umfassendes Verbot dieser Munition, die zur Standard-Bewaffnung der US-Truppen gehört.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE

Erstausstrahlung: 14.03.2004, ARTE

Ben und Meret Becker wurde die Schauspielerei quasi in die Wiege gelegt. Mutter und Vater sind Schauspieler, und sogar ihr Stiefvater Otto Sander. Doch es ist schwer, im Schatten übergroßer Eltern ein eigenes Profil zu entwickeln. Valentin Thurn beobachtete Ben und Meret bei Dreharbeiten und Konzerten und zeigt, wie die Geschwister auf unterschiedlichen Wegen das Ziel einer eigenständigen Künstler-Persönlichkeit erreichten. Jetzt steht sogar eine dritte Generation am Start: Bens Tochter Lilith und Merets Tochter Lulu waren mit dabei und bewegten sich auf dem Set wie die Großen, genauso wie einst Ben und Meret ihre Eltern beim Filmen begleitet hatten.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des ZDF

Erstausstrahlung: 22.07.2003, in der Reihe „37°“, ZDF

Christian (14) wurde von seiner Mutter grob vernachlässigt. Sein schwuler Onkel entführte ihn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion und rettete ihn so vor dem drohenden Kinderheim. Damals war er neun. Alles andere als begeistert, verbrachte er die ersten Wochen bei seinem neuen „Vater“ und dessen Freund. Von seinen Klassenkameraden wurde er gehänselt, weil im Dorf alle wussten, dass Christian nun bei den beiden „Schwulen“ wohnte. In dem kleinen Ort in der Eifel gibt es kein Verstecken, und Christian musste Farbe bekennen. Das fiel ihm
zunehmend leichter, weil sich seine beiden neuen „Eltern“ rührend um ihn kümmerten, sodass sogar das zuständige Jugendamt von so viel Fürsorge und elterlicher Kompetenz beeindruckt war. Heute haben sich alle im Dorf schon fast an das etwas andere Familienmodell gewöhnt,
und Christian ist froh, bei seinem Onkel zu sein. Trotzdem ist für ihn mit seinen 14 Jahren klar, dass er sich auf jeden Fall mehr für Mädchen interessiert als für Jungen.
Bei Patricia war es ganz anders, denn die Ehe ihrer Eltern schien glücklich, als eines Tages, Patricia war damals zwölf, ihr der Vater erzählte, dass er sich scheiden lassen wollte.

Nach 18 Jahren Ehe musste er erkennen, dass er seine immer stärker werdenden homosexuellen Neigungen nicht länger abtun konnte. Er hatte sich in einen Mann verliebt. Patricia war fassungslos. Dass sich ihr Vater aus einem solchen Grund von ihrer Mutter trennen wollte, war für Patricia nur schwer zu verkraften. Ihr glanzvolles Vaterbild brach von einem Tag auf den anderen zusammen. Fast ein Jahr lang verschwieg Patricia die „Schande“, die ihr Vater über sie gebracht hatte. Ihre Schwester Carina sprach von Papas neuem Lebensgefährten Bernd sie bei ihren Freunden nur als „Bernadette“, um nach außen den Schein zu wahren. Über ein Jahr verging, bis sie eines Tages vor Wut platzte, als Schulfreunde über Schwule herzogen.

Aus ihrem Erklärungsnotstand, warum sie sich so engagierte, trat sie die Flucht nach vorne an und erzählte von ihrem Vater und seinem Freund. Fast alle Freunde hielten zu ihr. Auch Patricia änderte ihre Einstellung zum Vater allmählich. Die Schwestern zogen zum Vater und leben jetzt mit ihm und seinem Lebensgefährten in Köln.
Valentin Thurn erzählt, wie Jugendliche damit zurechtkommen, wenn Väter plötzlich ganz anders sind, als man es die ganze Zeit über angenommen hat und als es dem gängigen Rollenbild entspricht. Wie verändert sich die Beziehung zwischen Vater und Kind – Wie verändert man sich selbst?

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 10.07.2003, in der Reihe „Weltweit“, WDR

Im Mittelpunkt steht der Cowboy Gerardo und sein Arbeitgeber Cesar Chico. Er besitzt eine Herde Kampfstiere, die den Winter auf ihrer Farm in Andalusien verbringen, im Sommer aber, wenn in Südspanien die Hitze alles verdorrt, in die zentralspanischen Berge ziehen. Um sie zu führen heuert er jedes Jahr einen Trupp Cowboys an. Sie werden von Gerardo angeführt. Wir folgen der Stierherde auf der Wanderung 600 Kilometer quer durch Spanien folgen und erleben dabei den Zusammenprall des alten und des neuen Spanien: Gerardo und seine Cowboys treffen zum Beispiel auf Autobahnen, die die traditionellen Viehwanderwege durchschneiden und die sie mühsam umgehen müssen.

Die Spanier aber sind begeistert von der Wiederbelebung der alten Tradition. Sie begrüßen die Cowboys wie Helden, wenn sie durch ihre Dörfer ziehen, denn Spaniens historische Identität ist eng mit den großen Viehherden verknüpft: Der Ursprung der Cowboy-Kultur liegt in Spanien und wurde erst durch Kolumbus und seine Nachfolger nach Amerika gebracht. Auch der Stierkampf entstand auf der Viehweide, als Zeitvertreib für die Cowboys. Die Toros Bravos, wie die Spanier ihre Kampfstiere nennen, werden möglichst aggressiv gezüchtet. Im Alter von vier Jahren werden die mutigsten Bullen in die Stierkampf-Arenen verkauft, für bis zu 5000 Mark. Die Rinderrasse hat den Wandertrieb noch in den Genen. Cowboy Gerardo muss ihnen nicht zeigen, wo der Weg entlang führt. Schon Kilometer vor der nächsten Wasserstelle beschleunigt sich ihr Schritt, die Rinder wissen genau, wo das Wasser ist.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR
Erstausstrahlung: 31.01.2003, SWR / WDR / BR alpha

Über 160 Millionen Jahre dominierten die Dinosaurier das Leben auf der Erde. Dann verschwanden sie in einem Zeitraum von wenigen hunderttausend Jahren von unserem Planeten, und mit ihnen mehr als die Hälfte der damals lebenden Tiere. Warum starben sie aus? Und warum so viele Arten auf einmal? Viele Wissenschaftler vermuten, dass ein gewaltiger Meteoriteneinschlag das Massensterben ausgelöst hat. Andere glauben eher an eine Reihe von verheerenden Vulkanausbrüchen.
Das Ende der Dinosaurier kam plötzlich, glaubt man der bekanntesten Theorie. Vor 65 Millionen Jahren kollidierte ein Meteorit aus dem Weltall mit der Erde. Als der zehn Kilometer große Brocken auf die Erdoberfläche prallte, war seine Aufschlagskraft 10.000 Mal so stark wie die Explosion aller heute existierenden Atomwaffen. Er schleuderte Ruß und Staub in die Atmosphäre. Folge: Der Himmel verdunkelte sich, das Klima kühlte ab und die kaltblütigen Dinosaurier erfroren, oder ihre Eier konnten sich in dem kühlen Klima nicht mehr entwickeln.

Reste des Killer-Meteoriten wurden an der Küste der mexikanischen Halbinsel Yucatan gefunden – vom 200 Kilometer breiten Krater ist allerdings heute nichts mehr zu sehen, weil er von jüngeren Gesteinsschichten überdeckt wurde. Dass dieser Meteorit das Weltklima veränderte, scheint das Metall Iridium zu beweisen, auf der Erde sehr selten, aber oft in Meteoriten enthalten. Iridium wurde in Gesteinsschichten rund um den Globus gefunden, und zwar genau an der Grenze zwischen Kreidezeit und Tertiär.
Das seltene Metall könnten allerdings auch aus einer anderen Quelle stammen, denn Iridium wird auch von Vulkanen ausgestoßen. Und davon geht die zweite Theorie zum Aussterben der Dinosaurier aus, die in der Wissenschaft zunehmend Anhänger findet: Lang anhaltende Vulkanausbrüche schleuderten gewaltige Mengen Schwefel, Kohlendioxid und Staub in die Atmosphäre und sorgten für eine globale Verdunkelung und Abkühlung. Standort des Mega-Vulkans: Zentralindien. Dort findet man heute das riesige Hochland von Dekkan, dessen Vulkangestein genau 65 Millionen Jahre alt sind.
Für die Vulkan-These spricht, dass andere bekannte Einschläge von Meteoriten wie zum Beispiel im Nördlinger Ries (Bayern) kein weltweites Massensterben auslösten, sondern nur kurzfristig und regional begrenzt Verwüstungen auslösten. Vulkane hingegen könnten über mehrere 100.000 Jahre eine stetige Staub- und Gasquelle gewesen sein. Schließlich starben die Dinosaurier nicht plötzlich aus, wie bei einem Meteoriten-Einschlag zu erwarten, sondern in einem langen Zeitraum von über 500.000 Jahren, etwa eben so lang wie die Vulkane in Indien aktiv waren. In der Erdgeschichte gibt es weitere Beispiele für apokalyptische Vulkanausbrüche, zum Beispiel am Ende des Perm, als das riesige Vulkanplateau in Nordsibirien entstand. Damals starben die Trilobiten aus, eine Krebs-Familie, die zuvor praktisch die Weltmeere beherrschte.
Dass der Killer-Meteor so populär ist, liegt wohl daran, dass er spektakulär ist: Im Zuge der Dino-Mode ließ sich die Katastrophen-Theorie einfach besser vermarkten, zum Beispiel im Dinosaurier-Film von Walt Disney. Da siegt die Lust des Menschen an der Apokalypse.

Warum die Klimakatastrophe am Ende der Kreidezeit andere Tiergruppen wie die Säugetiere überlebt haben, aber kein einziger Dinosaurier, wissen die Forscher letztendlich noch nicht. Früher nahmen sie an, dass die Dinosaurier erfroren, weil sie wechselwarm waren, das heißt, ihre Körpertemperatur war von der Temperatur ihrer Umgebung abhängig. Die Säugetiere hätten demnach überlebt, weil sie warmblütig waren. Doch heute weiß man, dass diese Annahme mehr als fragwürdig ist. Schließlich haben auch andere wechselwarme Echsen die Kreidezeit überlebt. Und am heutigen Kältepol der Erde in Sibirien ist die einzige dort lebende Wirbeltier-Art ein Salamander – Wahrhaft kein Warmblütler. Außerdem gibt es Hinweise, dass einige Dinosaurierarten warmblütig gewesen sein könnten.

Das führt zu der Frage: Was wäre eigentlich passiert wenn die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren nicht ausgestorben wären? Der Paläontologe Dr. Michael Maisch von der Universität Tübingen vermutet, dass es in diesem Fall heute wohl keine Menschen geben würde. Denn: „Die Dinosaurier hatten über 100 Millionen Jahre die Nase vorn und ließen die Säuger nicht hochkommen.“ Das Fazit des Wissenschaftlers: Wären sie nicht ausgestorben, dann würden heute vielleicht intelligente Dinos die Welt beherrschen, und nicht die Menschen.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag von ARTE

Erstausstrahlung: 07.11.2002, ARTE

„Glückliche Hausfrau räumt Millionen ab“ – „Grundschullehrer stolpert über Viertklässler-Frage. Eine Blamage für die ganze Schule“ Das ist der Stoff, aus dem die neuen Boulevardschlagzeilen sind. Helden und Deppen werden heutzutage in Bruchteilen von Sekunden medial ermittelt: Lichtblick oder Black Out! – Gewinner oder Verlierer!

Einmal Kandidat sein in einer Quizshow im Fernsehen: Diesen Traum verwirklichten sich Sybille, 28, und Jean-Pierre, 72. Sybille Longlez, 28 Jahre, alleinstehend, schaut gemeinsam mit ihrer Mutter die Quizshows im Fernsehen, und beide raten mit.
Jean-Pierre ist ein „mordu“, wie die Franzosen sagen würden, ein „Gebissener“, der fast jeden Abend bei einem anderen Quiz-Club verbringt, wo die Fernsehshows nachgespielt werden – mit eigenen Fragen. Und warum? „Nachdem man mich zum vorzeitigen Ruhestand gedrängt hat, wollte ich den jungen Spunden mal zeigen, dass ich nicht zum alten Eisen gehöre“, meint Jean-Pierre.
Bei Sybille war es die Mutter, mit der sie täglich die Quizsendung „Questions Pour Un Champion“ sieht, die sie zur Bewerbung drängte. Jean-Pierre hat sich schon sieben Mal vergeblich beworben. Beide schaffen den strengen Test und setzen sich gegen über 100 Kandidaten aus ganz Belgien durch. Doch im Studio in Paris sind die Bedingungen härter: Jean-Pierre hat in der Nacht zuvor im Hotel so gut wie nicht geschlafen. Und Sybille ist mit den Nerven am Ende. Zum Glück haben beide eine Unterstützung im Publikum sitzen.

Die Reportage wird die Kandidaten begleiten, nach Motivationen fragen, die Vorbereitungen festhalten, die in der Familie, im Freundeskreis getroffen werden. Wir werden dabei sein, wenn es ins Studio geht, wenn die Kandidaten noch einmal gebrieft werden, wenn die persönliche Anspannung von Stunde zu Stunde wächst, bis zum Zeitpunkt, wenn es heißt „Wir sind auf Sendung!“ – natürlich nicht ganz unbeobachtet…

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag des WDR

Erstausstrahlung: 17.06.2002, WDR

Die Uhren, die bei den 150 verkohlten Leichen gefunden wurden, zeigen alle dieselbe Zeit: 9 Uhr 11. Der Brand muss sich in dem engen Tunnel so blitzartig ausgedehnt haben, dass die Fahrgäste der Kapruner Gletscherbahn auf einen Schlag erstickten und verbrannten – auch diejenigen, die bis zu 142 Meter auf der Nottreppe nach oben rannten.

Wie kam es zu dem Blitzbrand, bei dem nur zwölf Fahrgäste überlebten, weil sie die Scheiben mit ihren Skistöcken durchschlugen? WDR-Autor Valentin Thurn sprach mit Überlebenden, die von zwei Explosionen berichten. Er besichtigte den Unglückszug und fand einen runden Stahltank, den die Wucht einer Explosion zerbarst. Er enthielt Hydrauliköl für die Notbremse. Die Gletscherbahn selbst hat mit einem Brand überhaupt nicht gerechnet, wie ihr technischer Direktor erklärte. Deshalb gab es in den Fahrgastabteilen weder Nothämmer noch Feuerlöscher, und im Tunnel weder Notbeleuchtung noch Entlüftung. Die Gletscherbahn schiebt die Verantwortung auf den Hersteller der Seilbahn, der einen fehlerhaften Heizlüfter und eine Karosserie aus Plastik einbaute. Der wiederum schiebt die Schuld auf den TÜV, der den Brandschutz nicht prüfte. Dieser seinerseits schiebt die Schuld auf das Verkehrsministerium, das vergaß, entsprechende Vorschriften zu erlassen. Ein System der Schlamperei. Bei dem gut verdient wird: Dieser Winter war ein Rekord-Winter, mehr Skifahrer als je zuvor machten in Österreich Urlaub. Auch in Kaprun scheint das Unglück vergessen, die Hotels sind ausgebucht, und die Skifahrer werden jetzt mit der eilig nach dem Unglück gebauten Gondelbahn auf den Gletscher befördert.

Beim Prozess gegen 16 Verantwortliche in Salzburg können die Angehörigen der Toten nach österreichischem Recht nur wenige Tausend Euro Schmerzensgeld erwarten. Der New Yorker Staranwalt Ed Fagan überzeugte die meisten von ihnen, deshalb in Amerika zu klagen. Der drohende milliardenschwere US-Prozess könnte ein Präzedenzfall für andere Großunfälle in Europa werden.

Ein Film von Valentin Thurn
Im Auftrag der ARD

Erstausstrahlung: 20.06.2001, ARD

Als Barbara mit Mitte 20 feststellt, dass sie Frauen liebt, verabschiedet sie sich vorerst von einem Lebenstraum – dem Wunsch ein Kind zu bekommen. Erst allmählich reift der Gedanke: es geht auch ohne Mann. Zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Irmgard fährt sie in eine holländische Klinik und kauft Spendersamen. Das Abenteuer lesbische Mutterschaft kann beginnen.

Neun Monate lang haben Ursula Ott und Valentin Thurn die beiden künftigen Mütter begleitet. Fuhren mit in die Samenbank, um Sperma zu kaufen – in Deutschland für nicht verheiratete Frauen verboten, in Holland gang und gäbe. Waren dabei, als die beiden Frauen im heimischen Wohnzimmer die einzelnen Samen-Proben zur Vorratshaltung in stickstoffgekühlte Spezialbehälter umfüllten und ließen sich erklären, wie man die künstliche Befruchtung zuhause durchführt. Sie begleiteten das Lesbenpaar zur Frauenärztin und zum Ultraschall, in die Szenedisco und zum Lesben-Volleyball-Turnier, zur Anwältin und zum Pfarrer, und schließlich an das Wochenbett. Ihren Vater kann die kleine Lili erst kennen lernen, wenn sie 16 ist, dazu muss sie Kontakt mit der Samenbank aufnehmen – die Mütter allerdings wissen vom holländischen Samenspender nur, dass er weiße Hautfarbe hat, dunkle Haare und weder AIDS noch Hepatitis.

Trotz neuer Gesetze stoßen die beiden Frauen und ihr Baby in Deutschland noch auf erhebliche Vorbehalte: Zwar kann Irmgard sich per Vertrag verpflichten, dem Kind ein Leben lang Unterhalt zu bezahlen. Doch Rechte bekommt sie dafür kaum: Weder kann sie das Kind als „Stiefmutter“ adoptieren, noch kann sie sicher sein, dass sie im Falle der Trennung das Kind weiterhin besuchen darf.
Längst handelt es sich nicht mehr um das Randproblem einer gesellschaftlichen Randgruppe. Heute wachsen in Deutschland rund 1,5 Millionen Kinder bei homosexuellen Eltern auf, schätzt die Berliner Senatsbeauftragte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Lela Lähnemann. Die meisten stammen aus dem heterosexuellen „Vorleben“ der inzwischen lesbischen Mütter, immer mehr entstehen jedoch durch Insemination. Der Münchner Familienforscher Professor Wassilios Fthenakis hält diese Zahl sogar für untertrieben, denn in den USA leben bereits 10 Millionen Kinder bei homosexuellen Eltern. Und sie leben nicht schlechter als in „traditionellen“ Familien, so Fthenakis, der auch die Bundesregierung berät: „Wir haben bei der kindlichen Entwicklung keine Unterschiede feststellen können.“ Weder würden diese Kinder später verhaltensgestört – noch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie selber schwul oder lesbisch werden.

Nachbarn und Lehrer haben sich an die bunten neuen Familien vielerorts schon gewöhnt. Zum Beispiel in Monschau in der Eifel, wo zwei schwule Männer auf einem ehemaligen Bauernhof, zwischen Gänsen, Hasen und Enten, liebevoll ihren Pflegesohn Christian aufziehen. Unterstützt werden sie von den Nachbarn im Dorf –und vom Jugendamt. „Die beiden haben eine tragfähige Beziehung und bieten dem Kind ein stabiles Zuhause, das es lange nicht hatte“, lobt die Familienpflegerin des Jugendamtes. Sie kann sich sogar vorstellen, dem schwulen Paar ein zweites Pflegekind zu vermitteln.
Oder jene Großfamilie aus zwei schwulen Vätern und zwei lesbischen Müttern, die gemeinsam zwei Töchter großziehen. Meist leben die Kinder bei den Mamas, Wochenenden und Urlaube verbringen sie oft mit den Papas – und finden es wunderbar. Mia (9): „Ich habe zwei Mamas und zwei Papas zuhause, die anderen Kinder haben immer nur einen.“

In guten Zeiten sind diese neuen „Regenbogenfamilien“ ein spannendes gesellschaftliches Experiment. In schlechten Zeiten jedoch spielen sich menschliche Dramen ab. Denn auch homosexuelle Liebe kann zerbrechen, und der nicht-leibliche Elternteil ist dann vollkommen rechtlos. So wie die Sozialarbeiterin Sigrid, die vier Jahre lang das gemeinsam geplante Baby ihrer Freundin betreute und nach der Trennung keine Chance hat, den kleinen Janek jemals wiederzusehen. „Ich liebe dich bis zum Mond und zurück“, grüßt sie ihn an seinem Geburtstag übers Kinderfernsehen. Doch die Gerichte haben entschieden: Keine verwandtschaftliche Beziehung, keine Rechte.
Die Gesetze hinken der gesellschaftlichen Realität hoffnungslos hinterher. Noch vor ein paar Jahren konnten sich Homosexuelle nicht vorstellen, überhaupt Kinder zu bekommen – „heute sitzen sie in der Kneipe und kriegen große Ohren, wenn’s ums Kinderkriegen geht“, sagt Ingo Wolf, schwuler Vater in Berlin. Dort gibt es sogar schon eine Agentur, die lesbische Frauen an schwule Männer mit Kinderwunsch vermittelt.750 Interessenten hat „Queer&Kids“-Inhaberin Susan Darrant schon beraten. Sie ermittelt per Fragebogen, wer zu wem passt: „Homo, bi oder hetero? Gemeinsames oder getrenntes Sorgerecht? Zusammenwohnen oder nicht?“ Die ersten so entstandenen Babys werden dieses Frühjahr zur Welt kommen.

Politiker und Kirchenvertreter stehen diesen neuen Familien noch relativ hilflos gegenüber. Ist homosexuelle Elternschaft „unnatürlich“, wie Norbert Geis (CSU) meint ? Fehlt Kindern mit zwei schwulen Vätern die „mütterliche Brust“, wie Hanna-Renate Laurien vom Zentralkomitee der Katholiken Deutschlands befürchtet ? Oder müssen Kinder aus homosexuellen Beziehungen zumindest dieselben Rechte haben wie Kinder von Alleinerziehenden, wie Volker Beck (Grüne) fordert ? Das Gesetz zur „Homo-Ehe“ jedenfalls, das Beck auf den Weg gebracht hat, regelt die Kinderfrage so gut wie gar nicht. Dass zwei Homosexuelle auf Standesamt gehen, war mit der SPD gerade noch zu machen, doch dass sie jetzt auch noch Kinder wollen, ging zu weit.